Seit Ende Mai dürfen Tankstellen in Deutschland ganz offiziell synthetischen Diesel-Kraftstoff anbieten, der zu 100 Prozent aus Abfallstoffen (Fette, Öle) gewonnen wird. Die Hersteller versprechen eine 90-prozentige Reduktion der CO2-Emissionen gegenüber aus Erdöl gewonnenem Diesel. Der Bremer Mineralölhandel (BMÖ) zählt zu den Pionieren auf diesem Gebiet.
Verschiedene Namen für das gleiche Produkt
Das Produkt ist in Deutschland unter unterschiedlichen Namen im Handel. Teils heißt es „HVO100“, teils „HVO90“ und manchmal „Klimadiesel“. Gemeint ist aber immer dasselbe. „Bei uns heißt es Klimadiesel 90“ sagt BMÖ-Geschäftsführer Ronald Rose. „Das Produkt besteht zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, wir sind aber ehrlich und sagen, wir müssen es auch an die Tankstelle bringen und müssen es auch produzieren und dabei entsteht natürlich eine Restmenge CO2“, begründet er.
Motoren vertragen Klimadiesel
Sorge, dass der synthetische Diesel vom Motor nicht vertragen wird, brauchen sich Autofahrer offenbar nicht mehr zu machen. „Meines Wissens haben inzwischen alle Herstelller eine Freigabe gegeben“, sagt Rose. Auch Hans Jörg Koßmann, Obermeister der Innung des Kraftfahrzeugtechniker-Handwerks in Bremen sind auf Nachfrage keine Einschränkungen bekannt. „Ich tanke das auch immer“, sagt er. „Das ist eine Alternative für Leute, die umweltbewusst fahren wollen“, meint er. Dass er aktuell rund 20 Cent pro Liter mehr berappen muss als für mineralischen Diesel, nimmt er dafür in Kauf.
Preisunterschied nicht auf Dauer
Der Preisunterschied werde aber nicht auf Dauer bleiben, ist sich Rose sicher. „Es wird zu einer Angleichung kommen“, prophezeit er. Begründung: Um herkömmlichen Diesel verkaufen zu können benötigt man CO2-Zertifikate. „Die steigen im Preis“, sagt Rose. Mit der HVO-Erzeugung könne man hingegen CO2-Zertifikate generieren. Das verbillige den synthetischen Kraftstoff, rechnet Rose vor.
Kapazitäten werden ausgebaut
Allerdings reichen die Herstellungskapazitäten bei weitem noch nicht aus, um Diesel aus Erdöl vollständig zu ersetzen. Der Brachenkenner rechnet jedoch fest mit einem Ausbau schon in den kommenden Jahren – schneller als bei der E-Mobilität. Die Schwierigkeiten beim Aufbau der Ladeinfrastruktur für die Elektroautos und die Probleme mit den Batterien sind hinlänglich bekannt. Vorteil Klimadiesel: Er kann über bestehende Strukturen verkauft und mit bewährten Motoren genutzt werden.
Auch synthetische Kraftstoffe für Benzin-Motoren (E-Fuels), die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden, gibt es bereits. Möglich ist beispielsweise mit regenerativer Energie, CO2 aus der Umwelt und Wasser solche Kraftstoffe herzustellen. „Leider sind diese derzeit noch sehr teuer“ sagt Rose und wagt keine Prognose, wann sie eine ähnliche Marktreife erlangen werden wie Klimadiesel. Aber: „Die Produktionskapazität wird derzeit massiv aufgebaut“, weiß er.