Bettelei neue Regeln Bettelei ist oft ein Zeichen finanzieller Not, manchmal einer Sucht oder organisierter Geldbeschaffung. Sie macht aber auch Angst, nötigt zu ungewollten Reaktionen und Umwegen. Dagegen sollen neue Regeln und Aufklärung in Bremen helfen. Foto: Marcus Schmidt
Bettelei Stichprobe

Eher Hoffnung als Verbesserung

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Einen Monat nach Einführung neuer Regeln für Bettler hat sich in der City wenig verändert

An der Kaufhauswand sitzt ein Mann und brüllt einer Passantin hinterher: „Einen schönen sonnigen Tag noch!“ Sie hat ihm nichts gegeben. In einem Pendlerzug schaut ein alter Bekannter vorbei: „Ich brauche noch einen Euro Siebzig, um mein Ticket zu bekommen“, hören die Fahrgäste – wie gefühlt jeden Tag. Als keiner reagiert, geht er „Sch…,Sch…“ fluchend durch die Reihen. Am Bahnhofsausgang spricht eine – schon am Morgen unsicher gehende – Frau die Pendler an. Manche schauen weg. Andere zeigen ein klares „Nein“ . Die Bittstellerin grummelt Unverständliches.

Innenbehörde: Noch zu früh, um ein Fazit zu ziehen

So unterschiedlich wird zwischen Bremens Hauptbahnhof und dem Weltkulturerbe gebettelt. Das alles erlebt der Reporter wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier.“ Unabhängig von den menschlichen und sozialen Sorgen: Es gibt seit einem Monat neue Regeln gegen aggressives Betteln. Zeigen sie Wirkung?
„Das von Ihnen angesprochene Gesetz ist erst seit dem 22. Juni 2024 in Kraft“, erklärt eine Sprecherin der Innenbehörde und ergänzt: „Daher ist es derzeit noch etwas früh, um ein Fazit zu ziehen.“
Carolin Reuther, Geschäftsführerin des Vereins Cityinitiative Bremen Werbung, ist da weiter: „Die neuen Regelungen sind ein guter Schritt, müssen nun aber durch den Ordnungsdienst nachgehalten werden, damit sie fruchten. Langfristig wird sich die Einhaltung des überarbeiteten Gesetzes nämlich nur durchsetzen, wenn diesem konsequent nachgegangen und bei Nichteinhaltungen geahndet wird“, meint sie.

Cityinitiative: Sicherheitsempfinden und Aufenthaltsqualität

Grundsätzlich sei es nachzuvollziehen, dass Menschen bettelten, um einen Teil des Lebensunterhalts zu verdienen, wenn andere Wege ausgeschöpft seien, so Reuther. „Es darf aber eben auch nicht dem Sicherheitsempfinden aller Menschen und der Aufenthaltsqualität für alle entgegenstehen – und Menschen müssen den Raum bekommen, sich einer Ansprache durch Bettelnde zu entziehen“, erklärt sie.
Positiv merkt Reuther an: „Nach unserer Kenntnis will der Ordnungsdienst in nächster Zeit einen Schwerpunkt auf die Überprüfung dieser aggressiven Formen der Bettelei legen und Aufklärung hinsichtlich der Regeländerungen betreiben.“
Unsere nicht-repräsentative Stichprobe am Mittwochmorgen ergibt auf dem Weg vom Hauptbahnhof vier aktive, zwei passive Betteleien. In der Mittagspause zählen wir auf einer Runde vom Brill zum Rathaus und zurück durch die Sögestraße acht Bettler. Drei davon sprechen die Passanten an, als aggressiv empfinden wir sie nicht. Die Aufenthaltsqualität für Touristen und Einheimische verbessert sich dadurch trotzdem nicht.

BSAG: An den Fahrdienst wenden

Auch Busse und Straßenbahnen stehen im Mittelpunkt, wenn es um Bettelei an Stationen und in Fahrzeugen geht. „Betteln führt zum Ausschluss von der Mitfahrt“, stellt Andreas Holling klar, Presssprecher der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) und verweis auf die Beförderungsbedingungen des VBN – die im gesamten Verbund gelten: „Bettelnde Menschen werden von den Mitarbeitenden der Ticketprüfung sowie vom Sicherheitsdienst von der Weiterfahrt ausgeschlossen, also des Fahrzeugs verwiesen.“ Wenn sich Fahrgäste, belästigt oder bedrängt fühlen, können sie sich an den Fahrdienst wenden, der dann über den Betriebsfunk die Polizei rufen kann.

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