Das Hochwasser, welches um den Jahreswechsel in Niedersachsen wütete, traf Lilienthal besonders hart. 2.000 Menschen wurden während der Überschwemmungen landesweit evakuiert, Lilienthal ist mit 400 Evakuierten trauriger Spitzenreiter. Im Rahmen ihrer Sommerreise besuchte Innenministerin Daniela Behrens die Gemeinde, um mit Flutopfern ins Gespräch zu kommen. Die Betroffenen, welche stellvertretend für die Lilienthaler Bürgerinnen und Bürger anwesend waren, saßen mit im Plenum des Ratssaals – eine praktische Darstellung des Gesprächs auf Augenhöhe.
„Mögen Sie erzählen, was für ein Weihnachten Sie hatten?“, fragte Bürgermeister Kim Fürwentsches eine anwesende fünfköpfige Familie. Sie berichteten von der Evakuierung ihres Hauses, in welches sie erst kürzlich zurückkehren konnten. Über ein halbes Jahr harrten sie in einer Ferienwohnung aus, das Eigenheim war unbewohnbar. „Man hat ein bisschen die Unschuld verloren. Irgendwas muss passieren, damit wir uns da wieder wohlfühlen können“, so der Familienvater.
Finanzhilfen für Wiederaufbau notwendig
Auch Harald Kohlmann, erster Vorsitzender des Schützenvereins Lilienthal, berichtete von seinen Erlebnissen während des plötzlichen Wasseranstiegs: „Wir haben abends noch die Pumpe hingestellt. Am nächsten Morgen hatte sich das mit der Pumpe dann auch erledigt.“ Der Verein leidet ihm zufolge sehr unter der finanziellen Belastung, welche mit dem Wiederaufbau einhergeht.
Behrens ermutigte: „Dass Vereine in den Richtlinien für Finanzhilfen nicht explizit benannt sind, bedeutet nicht, dass sie ausgeschlossen sind. Sie sollten auf jeden Fall Gelder beantragen.“ Für Privatpersonen reichten die Mittel allerdings angesichts des Ausmaßes der Schäden in Lilienthal nicht aus, hier sei eine Elementarversicherung wichtig. Diese können allerdings nicht alle abschließen: Wer im sogenannten Wassereinzugsgebiet wohnt, findet oft keine Versicherung, die zu einem Vertragsabschluss bereit ist.
Konkrete Maßnahmen des Ministeriums
Behrens sprach auch konkrete Maßnahmen an, die das Ministerium seit dem Hochwasser ergreift: Die Behörde will Deiche prüfen und bei Bedarf erhöhen, Software zur besseren Erfassung aktueller Lagen erneuern und die Anschaffung mobiler Deichsysteme versieren. Davon hatte das Land während des Hochwassers nämlich nicht genug, sodass französische Feuerwehreinheiten noch behelfsmäßig mobile Deiche aus ihren Beständen vorbeibrachten.
Über 140.000 Einsatzkräfte halfen während der Katastrophe vor Ort, der Großteil tat dies ehrenamtlich. Dass sich nur zwei Feuerwehrleute verletzten, zeuge von der Qualität der geleisteten Arbeit, so Behrens. Um das nötige Ausmaß an Hilfe leisten zu können, habe die freiwillige Feuerwehr allerdings auch über Wochen im Zwölf-Stunden-Schichtsystem gearbeitet, so ein Angehöriger der Feuerwehr. Er wünscht sich mehr und bessere Weiterbildungsangebote für Einsatzkräfte.
Behrens sei wichtig, das Vertrauen der Bürger in den Staat zu erhalten und zu stärken, wie sie betont. Generell war die Veranstaltung von Nüchternheit geprägt: „Machen wir uns nichts vor: Wir wissen, dass so etwas wieder passieren kann,“ so ein Vertreter des Landkreises. Doch auch eine gewisse Ehrfurcht vor der großen Solidarität während der Krise lag in der Luft: „Die Hochwasserlage hat gezeigt, was alles in einer Gesellschaft steckt, wenn wir uns zusammenrotten, im positiven Sinne“, schloss die Ministerin.