Obgleich die prekäre Sicherheitslage im Roten Meer aufgrund der andauernden Huthi-Rebellen-Angriffe anhält, scheint der Zenit bei den Frachtraten mittlerweile überschritten. Für das kommende Jahr erwarten führende Reedereien vergleichsweise stabile Frachtraten auf anhaltend hohem Niveau.
2024 war ein volatiles Jahr für die Seefahrt
Die vergangenen Jahre waren für Logistiker ob der hochvolatilen Frachtraten eine Herausforderung: Auf den Corona-Schock und beeinträchtigte Lieferketten folgte der Ukraine-Krieg, anschließend erschwerten Angriffe der Huthi-Rebellen die internationale Seefahrt. Dabei sah es zum Jahresanfang zunächst nach einer Preiserholung aus: Während die globale Inflation rückläufig war, auch aufgrund stark angezogener Leitzinsen der großen internationalen Notenbanken, ließ der nächste Preisschock nicht lange auf sich warten.
Im global vielbeachteten Drewry World Container Index standen zum Jahresanfang 2024 noch rund 1.500 USD pro 40ft Container, schon im März stiegen die Frachtraten auf ein vorläufiges Hoch von 4.000 USD/40ft. Der wahrscheinlich vorläufige Zenit wurde im Juli mit knapp 6.000 USD/40ft erreicht – seither fallen die Frachtpreise weitgehend einheitlich. Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd, ansässig unweit von Bremen in Hamburg, äußerte sich zum Anfang des Dezembers weitgehend optimistisch.
Zwar ist es aufgrund der Huthi-Angriffe nach wie vor nicht möglich über das Rote Meer zu fahren, weshalb ein Umweg über die Südspitze Afrikas erforderlich ist, dennoch geht die Reederei im laufenden Quartal von stagnierenden Preisen aus – und erwartet nicht, dass der Juli-Zenit dieses Jahres im kommenden Jahr überschritten wird. Für internationale Unternehmen und Logistiker dürften das zunächst gute Nachrichten seien, obwohl zumindest nach Fernost nicht von weiter fallenden Frachtraten auszugehen ist – zu hohe Mehrkosten verursacht der Umweg über Afrika.
Die Seefahrt wird wieder berechenbarer – aber neue Herausforderungen sind schon am Horizont
Die großen Lieferketten-Schocks scheinen auf internationaler Ebene zunächst überstanden – von Shanghai aus fielen seit dem August 2024 alle Frachtraten-Routen gleichermaßen, aber auch hier gibt es Unterschiede im Detail. So befindet sich der WCI für Routen zwischen Shanghai und Los Angeles bereits seit einiger Zeit im Sinkflug. Die stark fallenden Frachtraten über den Atlantik zeichnen für den Rest der Branche aber kein einheitliches Bild – so kam es in den letzten zwei Monaten zumindest auf einigen Routen wieder zu Anstiegen, darunter Shanghai nach Genua und Shanghai nach Rotterdam.
Experten und Reedereien gehen gleichermaßen von einer vorläufigen Stagnierung aus: Was auch auf Container-Marktplätzen wie Containerbasis zu einer steigenden Aktivität führen sollte. Dennoch könnten sich schon in den ersten Monaten des Jahres 2025 neue Herausforderungen manifestieren. Nach der Vereidigung des neuen (alten) US-Präsidenten Donald Trump ist laut Experten mit Volatilität zu rechnen.
Sollte Trumps Kabinett seine Agenda der weitflächigen Zölle wie geplant zeitnah in die Realität umsetzen, könnte das die internationalen Frachtraten weiter steigen lassen – obwohl schon jetzt viele internationale Unternehmen vorsorglich mehr Waren über die Weltmeere bewegen, damit die nach Trumps Vereidigung nicht mit Extrazöllen belegt werden können. Dennoch zeigt ein Blick in Donald Trumps erste Amtszeit und dem damaligen Handelsstreit mit der Volksrepublik China aus dem Jahr 2018, wie die politische Agenda der USA erheblichen Einfluss auf Frachtraten nimmt.
Damals führte der Handelskrieg, nachdem sich die USA und China wechselseitig gegenseitig mit neuen und immer höheren Zöllen überboten, zu einem unmittelbaren Anstieg der Frachtraten um etwa 70 %. Ausgehend vom aktuellen Niveau, würde ein ähnlicher Anstieg beinahe zu neuen Rekordpreisen führen – und damit die Preise für Importe ebenso für Verbraucher in die Höhe schnellen lassen.