Grüne Interview Banaszak Vorstand „Keine Schonfrist“ bis zur Bundestagswahl: Felix Banaszak ist seit November 2024 Bundesvorsitzender der Grünen. Foto: K. W. Schlie
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Grünen-Chef will „Das Leben bezahlbar machen“

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Felix Banaszak, Bundesvorsitzender der Grünen, zu Bremen, Industrie und Angriffen

Weser Report:   Sehr geehrter  Herr  Banaszak, wie fühlt sich der Wahlkampf als Bundesvorsitzender der Grünen an?

Felix Banaszak:  Ich freue mich total, im Land unterwegs zu sein, viele Menschen zu treffen und dafür zu werben, wofür wir stehen und wofür ich selbst brenne: Echter Klimaschutz, ein bezahlbares Leben, ein starker Wirtschaftsstandort Deutschland. Dabei bin ich sozusagen auf einen fahrenden Zug aufgesprungen: Ich bin ja erst seit November im Amt. Normalerweise hat man 100 Tage Schonfrist, ich bin 99 Tage vor der Bundestagswahl gewählt worden. Mit Schonfrist hat das wenig zu tun.

 

Wie gehen Sie mit undemokratischen, unsachlichen und persönlichen Angriffen um?

 

Der Großteil der Rückmeldungen, die ich bekomme, sind entweder positive oder sachliche Kritik. Politikerinnen und Politiker müssen es auch aushalten, kritisiert zu werden. Es ist Teil unserer Verantwortung, auch die kritischen Rückmeldungen aufzunehmen. Aber da, wo es Grenzen überschreitet, insbesondere bei Bedrohungen, gehe ich auch robust dagegen vor. Von diesem Phänomen sind aber nicht nur Bundespolitikerinnen und -politiker betroffen. Immer mehr Lokalpolitiker und Ehrenamtliche in den Kommunen sagen: „Ich möchte mich dem nicht mehr aussetzen.“ Es darf aber keine Frage des Mutes sein, sich für unsere Gesellschaft zu engagieren.

 

Wie groß schätzen Sie die Wirkung von Fakenews und Lügen im Wahlkampf ein?

 

Die Debatten verlagern sich immer mehr ins Netz. Dort entscheiden dann oft die Algorithmen von Technologie-Giganten wie Elon Musk und Mark Zuckerberg darüber, was Menschen angezeigt wird – und das sind oft sensationsheischende und hassschürende Postings. Ich erlebe schon, dass ich oft erstmal  mit falschen Behauptungen über Grüne aufräumen muss, bevor ich überhaupt über meine eigenen Ideen sprechen kann. Aber wenn gezielt falsche Informationen verbreitet und von außen Einfluss genommen wird, ist das ein Problem aller demokratischen Parteien. Das bedeutet, dass wir mit starker europäischer Regulierung dafür sorgen müssen, dass auf Plattformen wie Facebook oder X Rechtsstaatlichkeit und demokratische Grundregeln gewahrt bleiben – und nicht das engste Umfeld von Donald Trump darüber entscheidet, was verbreitet wird.

 

Welches Wahlkampf-Versprechen bringen Sie speziell Bremen mit?

 

Wir wollen gerade Industriestandorten wie Bremen – mit Arcelor-Mittal oder dem Hafen –  ein klares Versprechen mitbringen: Ja, der Wandel zur Klimaneutralität ist mit Herausforderungen verknüpft, aber grüne Politik unterstützt die Wirtschaft, Industrie und ihre Beschäftigten so, dass dieser Wandel gelingt. Darüber hinaus machen wir das Leben bezahlbar, indem wir die Mieten nicht immer weiter ansteigen lassen. Indem wir die Strompreise senken. Und indem wir dafür sorgen, dass das Deutschlandticket wieder ein 49-Euro-Ticket wird. Bremen hat einen guten Nahverkehr, aber er soll auch weiter bezahlbar sein.

 

Bremen lebt von Beziehungen in alle Welt, gilt als weltoffen. Deshalb bitte je einen Satz zur Außenpolitik:

 

Trump…

…erfordert, dass Deutschland sich in Europa mehr einbringen muss. Die Antwort auf America first ist nicht Germany first, sondern Europe united.

 

Ukraine…

…muss weiter mit dem unterstützt werden, was sie braucht, um sich gegenüber einem imperialen Aggressor wie Putin behaupten zu können. Das Ziel ist Frieden in der Ukraine und Europa.

 

Israel…

… hat gerade durch die Waffenruhe einen Moment der Erleichterung erlebt. Es gibt Hoffnung, dass dies ein erster Schritt auf dem Weg zu einem politischen Prozess ist. Israelis und Palästinenser*innen haben eine echte Perspektive für den Frieden verdient.

Europa…

…ist die Zukunft für Deutschland, auch mit Blick auf Trump, Putin und Xi. Nur gemeinsam sind wir stark.

 

Was sind die drei großen Ziele der Grünen im Bundestagswahlkampf?

 

Klimaschutz, Zukunftsinvestitionen und Bezahlbarkeit des alltäglichen Lebens.

 

Mit welcher Partei würden Sie eine Koalition eingehen – mit welcher nicht?

 

Wir sind mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig. Wir kämpfen in den nächsten Wochen für ein möglichst starkes grünes Ergebnis.

 

Bei welchem Punkten sehen Sie Spielraum, wenn Sie mit der CDU oder der SPD verhandeln müssten?

 

Demokraten müssen immer gesprächs- und verhandlungsfähig sein. CDU und CSU stehen in den zentralen Fragen unserer Zeit – Klimaschutz, Investitionen, bezahlbares Leben – häufig auf der Gegenseite. Aber natürlich können Kompromisse gefunden werden, wo man nach ihnen sucht.

 

Klassische Frage in einem Bewerbungsgespräch: Wo sehen Sie sich in sechs Monaten?

 

In sechs Monaten komme ich gern wieder nach Bremen, um dann Kirsten Kappert-Gonther als direkt gewählte Abgeordnete wiederzusehen.

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