Wenn der Flug am Airport Hans Koschnick storniert wird, weil die Sicherheitsleute streiken. Wenn die Martini-Straße verstopft ist, weil Menschen für Lohn und angemessene Arbeitsbedingungen demonstrieren. Dann verhandeln Gewerkschaften und Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes miteinander. Was das für Bremen bedeutet, erfuhr der WESER REPORT von Marcus Hagen, der die Kommunalen Arbeitgeber vertritt.
Mehrkosten von 14,88 Milliarden seien möglich
Hagen erklärt, „dass zurzeit die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen in Potsdam laufen.“ Abgekürzt sind das die TVöD. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände verhandelt dabei zusammen mit dem Bund, mit den Gewerkschaften Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, dem Beamtenbund und Tarifunion dbb über neue Arbeitsbedingungen und Gehälter. Die ersten Verhandlungen fanden am 24. Januar statt. Die dritte Runde soll an diesem Wochenende, zum bis 16. März stattfinden.
Darum gehe es, laut Hagen: „Die Gewerkschaften haben zahlreiche Tarifvorschriften zum 31. Dezember 2024 gekündigt und fordern insbesondere Entgeltsteigerungen im Volumen von acht Prozent, mindestens 350 Euro, bei einer Laufzeit von 12 Monaten.“ Hinzu kämen Forderungen nach drei zusätzliche freie Tage und noch einen weiteren Tag für Gewerkschaftsmitglieder.
Auch die Einrichtung – eines individuellen Arbeitszeitkontos, über das selbstbestimmt verfügt werden können soll, stehe zur Debatte. Auch drei weitere Wünsche stünden auf der Liste der Gewerkschaften. „In Summe belaufen sich die Mehrkosten allein durch die Entgeltforderungen und die drei zusätzlichen freien Tage bundesweit auf 14,88 Milliarden Euro beziehungsweise rund elf Prozent“, so der Landesvertreter.
Der Sozialdienst, Bäderbetriebe oder Rettungsdienste profitieren bei Verbesserungen
Verhandelt werde für Beschäftigte in den Bereichen der Verwaltung. „Hierunter fallen nicht nur klassische Verwaltungsbeschäftigte, sondern zum Beispiel auch Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst, Beschäftigte in Bäderbetrieben, Beschäftigte im Rettungsdienst, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Sparkassen, Flughäfen und Nahverkehrsbetriebe“, erklärt der Vorsitzende der Arbeitgeber-Seite.
Beliebter Arbeitgeber
Ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich schon gut genug bezahlt werden und moderne Arbeitsbedingungen haben, ordnet er so ein: „Der öffentliche Dienst ist in Deutschland nicht ohne Grund ein beliebter Arbeitgeber. Er bietet ein hohes Maß an Arbeitsplatzsicherheit und Krisenfestigkeit sowie verlässliche Entwicklungsperspektiven.“ Tarifvertragliche Regelungen sorgen unter anderem für geregelte Arbeitszeiten, eine faire Bezahlung mit kontinuierlichen Gehaltszuwächsen und ein Anrecht auf betriebliche Altersvorsorge.“ Die kommunalen Arbeitgeber böten zahlreiche Maßnahmen zur Arbeitsflexibilisierung. Dazu gehörten auch Lösungen für mobiles Arbeiten und Home-Office. Im kommunalen öffentlichen Dienst gäbe es kontinuierliche Entgeltsteigerungen. So sind innerhalb von zehn Jahren die Tariflöhne im öffentlichen Dienst jedes Jahr im Schnitt um 2,7 Prozent gestiegen. Seit 2014 sind die Entgelte um rund 29 Prozent gestiegen.
Der letzte war der teuerste Abschluss
Der letzte Abschluss vom 22. April 2024 sei der teuerste Abschluss. Er beinhaltete die Auszahlung eines steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsgeldes in Höhe von insgesamt einmalig 3.000 Euro im Juni 2023 und ab März 2024 eine Erhöhung der Tabellenentgelte aller Beschäftigten um 200 Euro und zusätzlich eine Erhöhung um 5,5 Prozent, mindestens aber eine Erhöhung um 340 Euro. Hagen rechnet vor: „Die Mehrkosten durch diesen Abschluss betrugen insgesamt durchschnittlich 10,54 Prozent – 11,6 Milliarden Euro bundesweit.
Durch Streik und Demonstrationen sind fast immer Kunden, Passanten, Fahrgäste und Reisende betroffen – in Krankenhäusern, am Flughafen, in Behörden oder im Nahverkehr. „In allen Bereichen, für die verhandelt wird“, betont Hagen. Zu Steuerbelastungen für die Bürger sagte er nichts extra. Bis zur dritten Verhandlungsrunde sei noch mit Streiks zu rechnen gewesen. Sollte keine Einigung erzielt werden, erwarten die Kontrahenten weitere Arbeitskämpfe. Hagen schiebt die Schuld dafür zum Beispiel an Arbeitnehmer-Vertretungen wie Ver.di weiter: „Dies liegt aber letztlich in der Hand der Gewerkschaften.“