Aulepp Kita Bremen Sascha Karolin Aulepp (SPD) ist seit Juli 2021 Bremer Senatorin für Kinder und Bildung. Foto: Schlie
Interview

„Wir haben eine gute Lösung gefunden“

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Senatorin Sascha Aulepp über den Kompromiss zur Änderung des Bremer Kita-Gesetzes

Weser report: Die Kritik an Ihren im Herbst vorgestellten Vorschlägen zur Änderung des Kita-Gesetzes war vielfältig, auch aus den Reihen der Koalition. Nun hat sich der Senat doch auf einen Entwurf verständigt. Wie viel von Ihrem ursprünglichen Konzept ist übrig geblieben?

Sascha Aulepp: Ich habe im November einen Vorschlag gemacht, wie wir das Problem der steigenden Kinderzahlen und -bedarfe bei gleichzeitigem Fachkräftemangel lösen können und dabei kein Kind zurücklassen. Das war radikal vom Kind aus gedacht. Damit habe ich einen Diskussionsprozess eingeleitet. Ziel war es, den Trägern Instrumente an die Hand zu geben, um verlässliche und gute Betreuung sicherzustellen – in einer Situation, wo nach wie vor viele Kinder außen vor bleiben und wo viele Kinder aufgrund von Ausfällen zu Hause bleiben müssen. In der Diskussion tauscht man sich aus, hört einander zu. Jetzt haben wir eine Lösung gefunden.

Wie sieht die aus?

Als Mindestvoraussetzung für die eigenverantwortliche Arbeit mit Kindern ist die Qualifizierung zur Kindertagespflege festgeschrieben. Das ist ein guter Kompromiss. Es setzt bei der Kindertagespflege-Offensive an, die ich vor zwei Jahren gestartet habe und wo es gelungen ist, viele Tagesväter und Tagesmütter zu qualifizieren. Viele arbeiten schon in unseren Kitas. Jetzt haben wir auf den Weg gebracht, dass diese Personen auch in den Kitas eigenverantwortlich Kinder betreuen können. Das ist ein wichtiger Schritt, um Betreuung für alle Kinder hinzubekommen.

Ab wann können Eltern mit mehr Verlässlichkeit in der Betreuung rechnen? Das Gesetz muss ja erst beschlossen werden.

Genau. Der Senat hat mit seinem Beschluss den Änderungsentwurf ins Gesetzgebungsverfahren gegeben. Dazu gehört ein umfangreiches Beteiligungsverfahren. Am Ende wird das Gesetz in der Bürgerschaft beschlossen. Ich hoffe, dass das noch im Sommer geschehen wird. Dann werden die Änderungen sofort wirksam. Ich sehe, dass die Träger schon jetzt mehr Tagespflegepersonen einstellen im Hinblick auf die flexibleren Personaleinsatzmöglichkeiten.

Wie viele der 25 ungenutzten Gruppenräume in Bremen könnten sofort bespielt werden, wenn das Gesetz in Kraft tritt?

Das hängt sehr davon ab, wo Gruppen mangels Fachkräften nicht eröffnet werden konnten. Große Träger haben mehr Möglichkeiten, Personal flexibler einzusetzen als kleinere. Wir werden die Träger dabei unterstützen, die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Mein Ziel ist, dass keine Räume für Kinderbetreuung ungenutzt bleiben.

Sie knüpfen die Einstellung der Mitarbeiter ohne pädagogische Komplettausbildung an ein verbindliches Weiterbildungs- und Qualifikationsangebot. Für wen ist das Angebot verbindlich und was passiert mit Betreuungspersonen, wenn sie das Angebot nicht annehmen?

Ganz wichtig ist, dass mit der Änderung nicht nur kurzfristig Entspannung bei der Kindertagesbetreuung eintritt, sondern dass wir das zur langfristigen Fachkräftegewinnung nutzen. Die Menschen, die mit einer Kindertagesqualifizierung einsteigen, kriegen das Angebot, sich auf den Weg zum sozialpädagogischen Berufsabschluss zu machen. Die ersten Kindertagespflegepersonen, die als Zweitkraft eingestellt wurden, machen jetzt eine Weiterbildung zur Erzieherin. Das zeigt, wie groß das Interesse ist, sich weiter zu qualifizieren. Allerdings trauen sich Menschen in unterschiedlichem Tempo zu, sich zu qualifizieren. Wichtig ist deshalb, dass das Angebot zur Weiterqualifizierung so gestaltet wird, dass sie es auch annehmen können. Es muss zu ihren Lebensumständen und zu ihrer Grundqualifizierung passen. Wir wollen die Kolleginnen und Kollegen aber nicht von vornherein dazu zwingen, sich weiter zu qualifizieren. Sonst würden wir prekäre Beschäftigungsverhältnisse schaffen.

Die Betreuung durch Mitarbeitende ohne pädagogische Berufsausbildung ist begrenzt. Mindestens 30 Stunden pro Woche muss eine Fachkraft anwesend sein. Wie stellen Sie sich die praktische Umsetzung vor?

Das können wir nicht von der Behörde aus vorgeben. Das ist von Einrichtung zu Einrichtung und teilweise auch von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Das haben mir die Gespräche in den Einrichtungen gezeigt. Deshalb ist es richtig, das auf Wochenstundenkontingente zu beziehen und nicht auf bestimmte Tageszeiten.

Ist die Wiedereinführung von Kitabeiträgen mit der Einigung auf den Gesetzentwurf vom Tisch?

Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Es gibt auch keinen Vorschlag zur Wiedereinführung von Kitabeiträgen in Bremen. Richtig ist, ich habe hier in WESER REPORT verständnis dafür geäußert, dass der Niedersächsische Gemeindebund Kitabeiträge fordert, da die Kommunen die Qualität für die Kinder sonst nicht halten können. Und an das Wohl der Kinder darf kein Preisschild geklebt werden, dabei bleibe ich.

Sie rechnen damit, dass bis 2030 voraussichtlich 1.500 Erzieherinnen und Erzieher in Bremen fehlen werden. Dann soll auch das befristete neue Kita-Gesetz auslaufen. Bekommen Sie die Lücke bis dahin geschlossen?

Aktuell befinden sich 2.500 Menschen in unterschiedlichen sozialpädagogischen Aus- und Weiterbildungsformaten. Mit der jetzt beschlossenen Flexibilisierung wollen wir noch weitere Zielgruppen erschließen. Das ist genau das Ziel: In den kommenden Jahren die Fachkräftelücke schließen, aber jetzt schon den Kindern, die außen vor sind, eine verlässliche und gute Kindertagesbetreuung anbieten zu können. Weil wir nicht warten wollen, wie sich die Situation in fünf Jahren entwickelt hat, haben wir vereinbart, zur Halbzeit der Befristung des Gesetzes die Wirkung zu evaluieren. In der Änderung angelegt ist auch mein Ziel, die Förderung der Kinder zu verbessern, etwa durch Verkleinerung von Gruppen. Auch dazu soll die Flexibilisierung beitragen.

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