Seit 1999 ehrt der Landesfrauenrat Bremen zum Weltfrauentag jährlich die Bremer Frau* oder Frauen*gruppe des Jahres. 2025 fiel die Wahl auf die Omas gegen Rechts. Liselotte Warnecke engagiert sich seit 2018 in der Bremer Ortsgruppe.
Philipp Behrbom: „Omas gegen Rechts“ den Begriff hat ja sicher jeder schon einmal gehört, aber wo liegen denn eigentlich die Anfänge?
Liselotte Warnecke: Wir sind eine parteilose freie Initiative, die sich 2018 am Holocaust-Gedenktag in Bremen gegründet hat. Die Idee stammt aber aus Österreich, dort haben sich die Omas gegen Rechts schon 2017 gegründet. Zudem sind wir basisdemokratisch organisiert, es zählt also die Meinung jeder Person, die Teil unserer Gruppe ist. Die rund 200 Personen, die sich bei uns engagieren, sind einmal im Monat dazu eingeladen, sich zu treffen. Dort diskutieren wir und treffen Entscheidungen.
In zwei Sätzen: Wofür setzen sich die Omas gegen Rechts mit ihrer Arbeit ein?
Wir treten ein für den Erhalt der Demokratie und für Menschenwürde. Dementsprechend sind wir gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus.
Von den 200 Personen, die sich bei den Omas engagieren, gibt es bestimmt darauf viele Antworten: Frau Warnecke warum sind Sie bei den Omas gegen Rechts?
Weil mir schon immer die soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft wichtig war. Das ist schon seit dem Studium so, seitdem setze ich mich für Demokratie ein. Kurz vor meiner Rente habe ich dann einen Artikel über die Omas gegen Rechts gelesen und hab gedacht: Da will ich mich engagieren. Denn es ist nun mal so, wir würden am meisten verlieren, wenn Rechtsextreme wieder an die Macht kommen und das Frauenbild der 40er-Jahre wieder etablieren. Meine Enkeltochter spielt da auch eine große Rolle, die soll mich irgendwann nicht fragen „Oma, warum hast du nichts gemacht?“
Insbesondere in den vergangenen zwölf Monaten waren „die Omas“ ja Teil zwei großer Demonstrationen hier in Bremen, warum ist es jetzt besonders wichtig Flagge zu zeigen?
Seit einigen Jahren scheint es, so als würde Unsagbares wieder sagbar werden, das finde ich unerträglich. Unmenschliches Gedankengut rückt immer mehr in die Mitte der Gesellschaft, vor allem in den letzten Monaten. Genau wie den Fakt, dass Rechtsextreme wieder in unseren Parlamenten sitzen. Das ist ein großer Unterschied zu früher. Ich war sehr beeindruckt von einer Rede, die Marcel Reif (Anm. der Redaktion: Journalist und Sohn eines Shoah Überlebenden) im Bundestag gehalten hat. Darin sagte er, sein Vater hätte ihm einen Satz mitgegeben „Sei ein Mensch“, das treibt mich seitdem um. Das unmenschliche Gedankengut wird immer mehr.
Jetzt heißt die Gruppe ja „Omas gegen Rechts“ mitmachen dürfen aber noch mehr?
Genau, bei uns engagieren sich auch einige Opas und Nicht-Omas. Bei uns sehen den Namen auch einige Frauen kritisch, aber ich finde diese Widersprüchlichkeit gut. Einfach um zu zeigen: Wir Omas haben was zu sagen und sitzen nicht nur Zuhause und stricken.
Auch wenn die Omas gegen Rechts viel demonstrieren, sind sie ja auch darüber hinaus aktiv. Was ist noch wichtig?
Das ist sehr verschieden. Wir Bremer Omas legen einen großen Schwerpunkt aufs Singen. Wir singen ja auch immer auf unseren Kundgebungen. Wir gehen aber auch vermehrt in Schulen, um mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Da legen wir einen Fokus drauf seit den Landtagswahlen im letzten Jahr. Wir wollen einfach wissen, warum junge Menschen rechtsextreme Parteien wählen. Genau wie in Schulen gehen wir aber auch in Seniorenheime einfach um mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Die Omas gegen Rechts gibt es ja in vielen Städten, gibt es da übergeordnete Strukturen?
Es gibt zum einen den Verein mit Sitz in Süddeutschland, da sind wir aber kein Teil von. Daneben gibt es nämlich auch das Bündnis der Omas gegen Rechts mit Gruppen in der ganzen Republik verteilt, da gehören wir zu. Die Bezirksgruppen agieren unabhängig voneinander und treffen eigene Entscheidungen. Man steht da schon hin und wieder mit den anderen im Austausch. Im letzten Jahr gab es beispielsweise den Bundeskongress in Erfurt, da waren wir mit zehn Omas vor Ort. Insgesamt sind wir 30 bis 40.000 Personen, die sich bundesweit engagieren. Das sind schon eine ganze Menge.
Jetzt werden die Omas gegen Rechts ja anlässlich des 8. März‘, vom Bremer Landesfrauenrat als Bremer Frauen des Jahres ausgezeichnet, wie ist es dazu gekommen?
Seit mehreren Jahren sind wir bereits Mitglied beim Landesfrauenrat. In diesem Jahr war das Motto: „Frau(en) gegen Rechtsextremismus“. Ich denke, da sind wir schon eine der größten Organisationen in Bremen.
Und was bedeutet das für die Omas gegen Rechts?
Es freut uns total und es ist eine große Anerkennung. Wir sind wirklich stolz darüber. Man kann ja nur ausgezeichnet werden, wenn man von anderen Gruppen, die im Landesfrauenrat organisiert sind, nominiert wird. Da wurden wir unter anderem von Gewerkschaften vorgeschlagen wurden.
Warum ist es besonders wichtig dass sich Frauen gegen Rechts engagieren?
Es gibt genügend Gründe warum, Frauen in den Mittelpunkt müssen. Es gibt ja immer noch viele Baustellen, gleiche Bezahlung ist nur eines von vielen Themen. Den Fortschritt in Sachen Gleichberechtigung, den wir über viele Jahre hinweg erreicht haben, wollen Rechtsextreme wieder zunichtemachen. Das müssen alle verstehen, egal in welcher Altersgruppe. Das einige Mädchen wieder ein klassisches Rollenbild leben wollen, vorgelebt in sozialen Medien betrachte ich mit Sorge. Eigentlich ist es aber unabhängig vom Geschlecht, engagieren müssten sich alle.
Anlässlich des 8. März ist auch wieder eine Demonstration in Bremen geplant, werden die Omas gegen Rechts auch auf der Straße sein?
Auf jeden Fall. Wir treten auch für Feminismus und Gleichberechtigung ein und demonstrieren dann natürlich auch am Weltfrauentag mit.
Mehr zur Arbeit der Omas gegen Rechts gibt es auf der Website der Gruppierung