Wie war nochmal die Nummer von der Rosi? Die stand doch auf dem Zettel. „32…“ – Das Publikum weiß bestens Bescheid. „…168“, ertönt es aus dem Saal zu Till Dobe als Punk. Ja, die 80er sind eben ein unvergessliches Jahrzehnt. Da gab es den „Skandal im Sperrbezirk“ um die besagte (fiktive) Prostituierte Rosi, den die Spider Murphy Gang besang, die Avon-Beraterin brachte Schönheit ins Haus, nicht nur die Kids verzweifelten am Zauberwürfel, im Fernsehen liefen „Dallas“, „Denver Clan“, „Die Schwarzwaldklinik“ und Hitparaden-Shows.
Unterhaltsam und informativ
Das Ensemble des Niederdeutschen Theaters Delmenhorst (NTD) spuckt ordentlich in die Hände und holt die kultigen 80er in der schrill-bunten, unterhaltsamen, informativen und emotionalen Musikrevue „Völlig losgelöst“ rund zwei Stunden lang zurück auf die Bühne des Theaters „Kleines Haus“. Die Uraufführung der Zeitreise von Philip Lüsebrink, der auch Regie führt, konnte am vergangenen Wochenende bereits mit viel Applaus, mehreren Standing Ovations und Zugabenrufen begeistern. Dieter Brackhahn, Austen Dobrin-Stein, Fentke Stolle, Heiko Petershagen, Oliver Skandera, Petra Witte, Thorsten Wieting, Till Dobe und Tomke Stolle wollte man gar nicht mehr von der Bühne lassen.
Als roter Faden der Revue dient ein überdimensionales Testbild, das sich an mehreren Stellen mit Klappen öffnen lässt. So kommen immer wieder einzelne Darsteller zum Vorschein, um wie Nachrichtensprecher durch politische, sportliche oder gesellschaftliche Ereignisse zu führen. Mal geht es um den Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau, mal um Boris Beckers Wimbledon-Sieg 1985 oder die Angst vor dem „Sauren Regen“. Nicht nur die Testbild-Kulisse bekommt eine erzählerische Funktion. Auch ein großer Zauberwürfel kommt mit seinen einzelnen Quadraten, die sich auseinandernehmen lassen, immer wieder zum Einsatz – ob als Sitzgelegenheit, Behandlungsliege in der TV-Klinik oder Ständer fürs Keyboard. Ein gewitztes Gimmick, das am Ende nochmal besonders emotional genutzt wird.
Einfach zeitlos
Doch „Völlig losgelöst“ schwelgt nicht nur in Erinnerungen aus den 80ern. „Es ist eine Zeit, die uns näher ist, als wir meinen“, sagt Dieter Brackhahn gegen Ende, der mit der Revue sein 40-jähriges Bühnenjubiläum feiert und bei der nahezu ausverkauften Premiere gesondert geehrt wurde. Wenn es um Digitalisierung oder politische Unruhen wie die zerbrochene sozialliberale Koalition 1982 geht, werden immer wieder gedankliche Brücken zum Heute geschlagen. Und spätestens wenn „Ein bisschen Frieden“, mit dem Sängerin Nicole 1982 den Grand Prix Eurovision de la Chanson gewann, erklingt, ist klar: Manches ist einfach zeitlos. Und doch ist da immer auch noch dieser Funken Hoffnung. Wie bei „We are the world“ als Zugabe auf Platt.
Schlagerhits und Frisuren-Schlager
Die Lieder, denen Lüsebrink teilweise einen eigenen Text auf Platt gegeben hat, sind in der Musikrevue natürlich ein Highlight für sich. Als wahrer Kracher entpuppen sich Till Dobe, Oliver Skandera und Austen Dobrin-Stein, die als Kult-Schlagerband Die Flippers mit „Die rote Sonne von Barbados“ die Herzen höherschlagen lassen – einschließlich welliger Frisurenpracht. In höhere Stimmlagen steigen Skandera und Dobrin-Stein dann noch als Modern Talking auf. Eine glitzernde Discokugel macht das Konzerterlebnis perfekt.
Weitere Aufführungen
Und da ist es schließlich, dieses beseelte „Ach ja, weißt du noch“-Gefühl, mit dem viele Zuschauer den Theatersaal verlassen dürften. Doch die nostalgische Zeitreise ist noch nicht vorbei: Bis zum 13. April geht es noch neunmal zurück in die 80er. Weitere Aufführungen von „Völlig losgelöst“ sind am Donnerstag, 27. März, Freitag, 28. März, Sonnabend, 29. März, Freitag, 4. April, und Sonnabend, 5. April, jeweils 20 Uhr, Sonntag, 6. April, 15.30 Uhr, Freitag, 11. April, und Sonnabend, 12. April, jeweils 20 Uhr, sowie Sonntag, 13. April, 15.30 Uhr. Tickets gibt es bei der Konzert- und Theaterdirektion Delmenhorst im Theater an der Max-Planck-Straße montags bis freitags 9 bis 13 Uhr sowie montags und donnerstags 15 bis 17 Uhr, Telefon 04221/1 65 65, E-Mail info@konzert-theaterdirektion.de oder hier.