Die Hauptverwaltungsbeamten der Landkreise im Bezirk Lüneburg - Stade im Januar: Das, was sie forderten, will das Land nun liefern. Doch reichen die Mittel? Foto: Landkreis Uelzen
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Die Finanzkrise der Kommunen

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Niedersachsens Kommunen brauchen Geld – nun will das Land liefern

Schon lange plagen die Kommunen im Landkreis Geldprobleme – so wie in ganz Niedersachsen. Währenddessen erzielt der Landeshaushalt wiederholt Überschüsse. Über 600 Millionen Euro, die das Land aus seinem letzten Haushalt übrig hat, sollen nun bis Ende 2028 den Kommunen zugutekommen. Wie kommt diese Aussicht konkret an und was versprechen sich die Kommunen nun?

Bereits Mitte Januar forderten elf Landkreise – darunter auch der Landkreis Osterholz – aus Nordost-Niedersachsen die Landesregierung zum Handeln auf. Sie erklärten, dass ihre Schulden von 1,13 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf geschätzte 2,36 Milliarden Euro im Jahr 2028 anwachsen würden, wenn das Land nicht handele. „Wir baden politische Versprechungen von Bund und Land aus, die nicht ausfinanziert sind“, schrieb Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg und Vorsitzender der Landrätekonferenz Lüneburg-Stade in einer Pressemitteilung hierzu. Zusätzlich weise Niedersachsen den „niedrigsten kommunalen Finanzausgleich pro Kopf aller 13 Flächenländer“ auf, kritisierten die Landkreise. Der Landkreis Osterholz führt auf Nachfrage aus: Während bundesweit im Schnitt 936 Euro pro Einwohner vom Bund an die Länder gehen, waren es in Niedersachsen 2023 gerade einmal 693 Euro. Eine Differenz von 270, 28 Prozent weniger als der bundesweite Durchschnitt. Als Akutmaßnahme forderten die Kreise, Überschüsse aus dem Landeshaushalt nicht als Rücklage beim Land liegenzulassen – stattdessen solle das Geld den Landkreisen zugutekommen.

Kein Wissen darüber, wieviel Geld fließen wird

Dies soll nun passieren. Doch wie viel Geld wirklich bei ihnen ankommt, wissen die Kommunen noch nicht. „Der Betrag aus dem ‚Pakt für Kommunalinvestitionen‘ steht nicht fest“, schreibt der Landkreis Osterholz auf Anfrage. „Das sogenannte neue Kommunalinvestitionsprogramm (KIP 3) wird etwa doppelt so hoch ausfallen wie die vorherigen KIP-Programme“, schätzt man dort. Das bedeute etwa 3,5 bis 4 Millionen Euro für den Landkreis Osterholz.

Die Sorgen der Kommunen lösen sich angesichts eines solchen Betrags keineswegs in Luft auf: So kalkuliert der Landkreis gegenwärtig, bis 2028 zirka 107,5 Millionen Euro zu investieren, wofür er etwa 79 Millionen Euro an neuen Krediten aufnehmen muss.

„Geld brauchen wir genug“, erwidert Torsten Rohde, Bürgemeister Osterholz-Scharmbecks, auf die Frage nach dem finanziellen Bedarf der Kreisstadt. Es bestehe Investitions-Stau, entsprechend könne die Verwaltung jeden Euro gebrauchen. Doch genaueres wisse man erst 2026. Die Gemeinde Lilienthal betont, dass sich das Investitionsprogramm nicht auf das Haushaltsdefizit der Kommunen auswirken wird – die Schuldenlast bleibt bestehen. Während man in Lilienthal damit rechnet, „einen Betrag zwischen 600 und 800 Tausend Euro“ zu erhalten, ist sich die Verwaltung sicher, dass „die Summen nur einen sehr überschaubaren Teil den benötigten Investitionen abdecken“ werden.

Ungewöhnlich an dem neuen Investitionspaket ist, dass die Gelder nicht zweckgebunden vergeben werden. Die Kommunen können also selbst entscheiden, wie und an welchen Stellen sie investieren wollen. Ein „bedeutender Fortschritt in den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen“, findet die LAG Freie Wohlfahrtspflege einer Pressemitteilung zufolge.

Keine langfristige Lösung

Auch wenn die Kommunen sich über die Finanzspritze freuen, sehen sie diese nicht als langfristige Lösung. Schon im Januar betonte Rempe: „Es muss Schluss sein mit dem Abwälzen von Kosten für politische Versprechungen auf die Kommunen. Wir brauchen eine gerechtere Mittelverteilung im kommunalen Finanzausgleich. Die Streichung freiwilliger Leistungen zu Lasten des Gemeinwohls darf dafür keine Bedingung sein“. Auch die LAG Freie Wohlfahrt fordert, dass die anstehenden Investitionen nicht isoliert erfolgen, sondern „dass sich diese Investitionsbereitschaft auch im Landeshaushalt 2026 widerspiegelt“.

Auch das im März auf bundesebene beschlossene Finanzpaket wird für die Kommunen „nicht den ersehnten Befreiungsschlag darstellen, könnte jedoch die kommunalen Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu einem Großteil sichern“, schreibt der Landkreis Osterholz. Hier erhofft man sich, dass durch das Schuldenpaket des Bundes für die Kommunen „die jährliche Zins- und Tilgungslast gesenkt wird.“ Dies könne „die kommunalen Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu einem Großteil sichern“, hofft man beim Landkreis. Noch in diesem Monat will das Innenministerium genaue Zahlen veröffentlichen.

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