Die für den Menschen ungefährliche Ringelnatter ist die häufigste Schlange in Deutschland. Die meist in Gewässernähe lebende Natter besitzt zwei halbmondförmige Flecken am Kopf. Foto: Bollmann
Wildtieren helfen

Keine Bange vor der Schlange

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Die meisten Reptilien in Deutschland sind gefährdet – aber ungefährlich.

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In Deutschland kommen nur sieben Schlangenarten vor

Wann haben Sie beim Waldspaziergang oder im Garten zuletzt eine Schlange gesehen? Reptilien sind bei uns leider sehr selten geworden. Von den weltweit rund 4.000 beschriebenen Schlangenarten leben Ringelnatter, Barren-Ringelnatter, Schlingnatter, Würfelnatter, Äskulapnatter, Kreuzotter und Aspisviper in Deutschland. Die fünf erstgenannten sind ungefährliche Würgeschlangen und die beiden letztgenannten giftige Vipern. Die unterschiedlichen Arten sind auf der Roten Liste von „gefährdet“ bis hin zu „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Sie alle sind zwar durch die Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt, dennoch zerstört, zerschneidet und verschmutzt der Mensch ihren Lebensraum und bedroht sie durch verbotenes Nachstellen sowie durch Haushund und Hauskatze, die Schlangen regelmäßig lebensbedrohliche bis tödliche Verletzungen zufügen. Strukturreiche Landschaften werden intensiviert, Randstreifen werden gemäht, Trockenmauern und Hecken beseitigt. Monotone Agrarlandschaften bieten für Wildtiere wie Schlangen leider keinen Platz.

Eine Ringelnatter hatte einen gebrochenen Kiefer

„Es ist dringend notwendig, den Lebensraum dieser faszinierenden Reptilien zu erhalten“, so Dörnath, Wildtierärztin und Leiterin des Exoten- Kompetenz-Centrums. Hierfür braucht es artgemäße Verstecke, Sonnenmöglichkeiten, ausreichend Nahrung sowie, insbesondere für wasserliebende Arten, saubere Gewässer. Immer wieder werden ihr in ihrer Tierarztpraxis Klein Mexiko schwer verletzte einheimische Schlangen vorgestellt. Eine Ringelnatter hatte einmal einen beidseits gelenknah gebrochenen Unterkiefer – vermutlich wurde sie mit einem Spaten verletzt. Nur mit viel Mühe sei die Behandlung der Schlange und deren spätere Auswilderung gelungen.

Die Expertin Dr. Alexandra Dörnath aus der Tierarztpraxis Klein Mexiko Foto: Bollmann

Die Ringelnatter ist harmlos

Alle einheimischen Nattern sind harmlos – von der Ringelnatter bis hin zur Äskulapnatter. Während die Ringelnatter die häufigste Schlange bei uns ist, ist die Äskulapnatter die seltenste Schlange Deutschlands. Letztere ist übrigens die Natter des Äskulapstabes, dem Symbol des ärztlichen und pharmazeutischen Standes. Sie ist eine sehr wärmeliebende Schlange, die in Deutschland nur noch an wenigen Reliktstandorten vorkommt. Die Ringelnatter, die auch in Bremen und dem Umland vorkommt, lebt als gute Schwimmerin vor allem an Gewässern. Sie ernährt sich von Fröschen, Molchen und Fischen. „Oft rufen Mitbürger die Einsatzkräfte an, die sich immer wieder bei mir vergewissern, dass es sich um ein einheimisches und harmloses Tier handelt“, so die Schlangenexpertin. „Leider erkennen die wenigsten Mitbürger unsere einheimischen Tiere“, fährt sie fort.

Die Schlingnatter ist die kleinste Schlange

Die kleinste Schlange Deutschlands ist die Schlingnatter. Sie ist die zweithäufigste einheimische Schlange. Ihre Jungtiere ernähren sich von Insekten. Durch die Verwechslung mit der Kreuzotter wurde sie jahrhundertelang verfolgt und getötet. „Noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurde vom Staat ein Kopfgeld pro erschlagener Giftschlange in Deutschland bezahlt. Immer noch werden Kreuzotter und Aspisviper oder die, die für solche gehalten werden, aufgrund der Angst vieler Menschen getötet“, berichtet die Naturliebhaberin Dörnath konsterniert. Dieses sei gesetzeswidrig.

Kreuzotter und Aspisviper sind die beiden Giftschlangen

In Norddeutschland kann man auf die Kreuzotter treffen, während die Aspisviper nur im Südschwarzwald vorkommt. „Wenn Sie das Glück haben, diese Schlangen zu entdecken, verhalten Sie sich ruhig und stören Sie diese scheuen Tiere nicht, die eigentlich nur bei massiver Bedrohung zubeißen“, so Dörnath. Ein Biss von Aspisviper und Kreuzotter sei eigentlich nur gefährlich für Babys, Kinder und ältere Menschen. Sollte man gebissen werden, sei es in jedem Fall ratsam, einen Arzt aufzusuchen, rät Dörnath.

Die ungefährliche Blindschleiche ist weder blind noch eine Schlange,
sondern eine Echse. Foto: Ian Lindsay auf Pixabay

Die Blindschleiche – eine harmlose Echse

Eine völlig harmlose Echse, die regelmäßig für eine Schlange gehalten wird, ist die Blindschleiche. Um diese und die einheimischen Schlangen zu bewahren, könne sich jeder von uns für den Schutz ihrer Lebensräume einsetzen, empfiehlt die Expertin.

Tiere sollten im Garten Nahrung finden

Generell sollte der Garten so naturnah gestaltet sein, dass Tiere möglichst viel Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten finden. Ganz wichtig sei es, auf Pestizide zu verzichten. „Diese schädigen nicht nur die Schlangen, sondern auch deren Nahrung. Nur, wenn die Nahrungsketten intakt bleiben, und möglichst viele Arten einen Lebensraum finden, kann auch das Netz des Lebens erhalten bleiben“, betont Dörnath. „Artenschutz ist inzwischen zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe geworden und wir alle müssen diese Aufgabe annehmen“, beendet sie mit ernstem Gesicht das Gespräch.
■ Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Wildtiere und auch Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns einfach unter martin.bollmann@weserreport.de eine Mail. mb

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