Dunkelrot schimmern die Erdbeeren inmitten der grünen Blätter. Immer wieder bricht die Sonne durch die dunklen Regenwolken. Das Wetter passt zur Stimmung auf dem Feld – zwischen Wehmut und Aufbruch. Zum letzten Mal werden in Oberneuland Erdbeeren gepflückt. Nach 40 Jahren ist Schluss: Mit Hajo Kaemena hört der einzige Bremer Erdbeerbauer auf.
Viel los am letzten Tag auf Hof Kaemena
„Es ist keine leichte Entscheidung gewesen, aber es war die richtige“, erklärt Hajo Kaemena. Ein mittelfristiges Ende sei schon länger vorgesehen gewesen. Doch die kurzfristige Absage wichtiger Erntehelfer und keine realistische Aussicht auf Ersatz führten nun dazu, bereits in diesem Jahr aufzuhören. Die Probleme im Erdbeeranbau reichten jedoch weiter, meint Kaemena.
Trotz der Abschiedsstimmung ist auf dem Feld einiges los. Mitten in den Sommerferien tollen Kinder zwischen den Pflanzen, ziehen an den Händen ihrer Eltern und stecken sich auch mal heimlich eine Erdbeere in den Mund. „Glorielle“, „Polka“, „Malwina“ oder „Korona“ – die Sorten, die hier wachsen, seien besonders, erklärt Kaemena. Sie seien vor allem auf Geschmack und nicht auf Transport ausgelegt. Das sei ein weiterer Grund, warum das Geschäft zunehmend schwieriger werde.
Politik, Klimawandel und Generationenwechsel
„Es sind vor allem politische Entscheidungen, die uns vor eine ungewisse Zukunft stellen“, erklärt der Landwirt. Zum einen erfahre der regionale Anbau nicht genügend Unterstützung – mit der preisgünstigen Konkurrenz aus Spanien könnten die Kaemenas kaum mithalten. Zum anderen sei da der Klimawandel. „Wir erleben entweder einen Dürre- oder einen Regensommer – so können wir kaum noch planen“, sagt Kaemena. Die Entscheidung sei zudem weniger eine für ihn und seine Frau, als vielmehr eine für die nächste Generation. „Unsere Kinder haben auf unseren Rat hin entschieden, den Hof nicht zu übernehmen“, erklärt Kaemena, während er über das Feld stapft.
Dort pflückt er auch selbst Erdbeeren. „Die hier ist besonders schön, trotz der Späternte“, sagt er und hält sie in die Kamera. „In den letzten Wochen war hier viel los, und wir haben mit vielen Menschen gesprochen“, sagt Kaemena. Mütter mit ihren Kindern hätten erzählt, wie sie selbst als Kinder mit ihren Eltern auf dem Feld waren – und seitdem jeden Sommer wiedergekommen seien. „Letztendlich ist das auch ein Teil meiner landwirtschaftlichen Karriere, der hier endet. Mit den Erdbeeren hat alles angefangen. Damit verbinde ich auch mehr als mit dem Spargel“, so Kaemena.
Blühwiesenprojekt auf Hof Kaemena
Sich komplett aus der Landwirtschaft zurückzuziehen, kommt für Hajo Kaemena nicht infrage. Seit sechs Jahren betreibt er das Blühwiesen-Projekt. Ziel ist es, Artenschutz und Biodiversität zu fördern. Viele der üblichen Blühstreifen hätten kaum Wirkung, erklärt Kaemena. Das von einem Biologen begleitete Projekt hingegen locke neue Arten an: „Das wird von einem Hobby jetzt zu meinem Schwerpunkt.“
Nachdem die Reihen abgepflückt und die letzte Beere verstaut ist, wird das Feld umgepflügt. „Wahrscheinlich werden hier Pferde grasen“, sagt Kaemena. Wo heute noch Erinnerungen entstehen, sollen künftig wieder Tiere den Ton angeben.







