Zur Verlegung der ersten Stolpersteine in Hambergen versammelte sich eine doch beträchtliche Menge an Menschen. Nicht zuletzt lag das daran, dass der erste Stein Anni Knipp-Gustavsson gilt. Verwandtschaft aus Schweden und den USA war hierfür extra angereist. Hans-Gunnar Gustavsson, der Sohn, bedankte sich in einer Rede im Namen der gesamten Familie und betonte, dass ihnen die Verlegung viel bedeute. An insgesamt fünf Orten verlegte die Stolperstein Initiative Landkreis Osterholz am 11. Juli Gedenksteine.Dabei legte der deutschlandweit aktive Künstler Gunter Demnig selbst Hand an. Zur ersten Verlegung in einem Ort sei der Künstler gern selbst anwesend, so Mitglieder der Stolpersteininitiative.
Samtgemeindebürgermeister Gerd Brauns empfand es als schwer zu beschreiben, nun die ersten Stolpersteine in der Samtgemeinde zu verlegen. Er erkannte aber auch an, dass es wichtig sei, sich als Land und Bevölkerung mit der Nazivergangenheit auseinanderzusetzen. „Wir stehen hier nicht als Unbeteiligte“, sagte er. Schließlich sei man Angehöriger eines Tätervolkes. Frauke Schünemann, Bürgermeisterin der Gemeinde Hambergen, sagte, dass Menschlichkeit oberste Priorität habe. Die Stolpersteine seien gleichzeitig Gedenken wie Mahnung.
Pass mit Himmlers Unterschrift
Knipp-Gustavsson hatte eine wahrlich ungewöhnliche Lebensgeschichte. Darauf wiesen sowohl eigens aufgestellte Tafeln mit Zeitzeugnissen als auch die Recherche der Stolpersteininitiative hin. Aus christlicher Überzeugung habe sie Widerstand gegen das NS-Regime ausgeübt, so die Initiative. So war sie etwa an Flugblattaktionen beteiligt, welche die Machenschaften der NS-Diktatur bloßstellten. Außerdem lehnte sie den Hitlergruß kategorisch ab. Unter anderem für diese „Vergehen“ wurde sie verurteilt und kam schon 1937 in „Schutzhaft“. 1939 kam sie in das KZ Ravensbrück. Als Häftling arbeitete sie für Felix Kersten, den persönlichen Masseur Heinrich Himmlers. Kersten war es, der Knipp-Gustavsson die Flucht nach Schweden ermöglichte. Hierfür wurde ihr ein von Himmler unterzeichneter Pass ausgestellt. Knipp-Gustavsson hat zuvor an der Hauptstraße 42 in Hambergen gewohnt, dem Standort des neu verlegten Stolpersteins. Dieser kurze Abriss über Knipp-Gustavsson lässt freilich bedeutende Einzelheiten aus ihrem Leben aus, wie sollte es bei menschlichen Schicksalen auch anders sein.
Auch die weiteren Opfer der Nazidiktatur, die nun Stolpersteine in der Samtgemeinde Hambergen bekamen, haben bewegte Lebensgeschichten. Stolpersteine wurden verlegt für Albert Waschwill am Butterberg 9, Willy Rehder an der Bremer Straße 78, Johann Hans Georg Mahnken an der Bremer Straße 92 sowie für Zwangsarbeiter, Zwangsarbeiterinnen und Kriegsgefangene aus ganz Europa am Eingangstor zur Muna Lübberstedt. „Unsere Verantwortung als sogenannte Zweitzeugen ist es auch, unseren jüngeren diese und andere Geschichten mitzuteilen und diese Geschichten lebendig, ja begreifbar zu machen“, so die Initiative.







