Friedrich-Karl Dreyer vor dem Eingang des Hauses, in dem die Gemeinde ihn und weitere Personen unterbringt. Foto: Utke Friedrich-Karl Dreyer vor dem Eingang des Hauses, in dem die Gemeinde ihn und weitere Personen unterbringt. Foto: Utke
Lilienthal

Was darf die Gemeinde?

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Die Lilienthaler Verwaltung will ihre Rechte gegenüber Wohnungslosen ausweiten

Vier Monate ist es her, dass in Lilienthal über eine Satzung zur Unterbringung Wohnungsloser beraten wurde. Der Ausschuss für Haushalt, Soziales, Ordnung, Feuerwehr und Senioren diskutierte einen nach Vorschlägen der Verwaltung gestalteten Neuentwurf des Papiers. Die Satzung regelt die Rechte und Pflichten derjenigen Lilienthalerinnen und Lilienthaler, die von der Gemeinde untergebracht werden, wie in Obdachlosen- oder Geflüchtetenunterkünften.

Bisher formulierte die Gemeinde die Nutzungsauflagen für die Unterkünfte für jeden Unterbringsungsbescheid einzeln. Sprich: Jede untergebrachte Person erhielt einzeln aufgesetzte Regeln darüber, welche Rechte und Pflichten sie in der Unterkunft der Gemeinde innehat. Um Zeit zu sparen, will die Gemeinde nun eine Satzung aufstellen, in der die Hausregeln allgemeingültig aufgestellt sind.

 

Mehr Befugnisse für die Gemeinde

Unter den Regeln in dem von der Verwaltung vorgestellten Entwurf finden sich auch die Befugnisse der Gemeinde gegenüber den von ihr untergebrachten Menschen. Ein Beispiel, das in der Ausschusssitzung im Mai für einige Diskussionen sorgte, ist Paragraph 4 Nummer 5: Die Bediensteten der Gemeinde dürfen demzufolge die Unterkünfte „jederzeit betreten“ – zwischen 21 und 6 Uhr „jedoch nur in begründeten Fällen“. Gültige Gründe richten sich laut der Vorlage nach den Vorgaben des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) und beinhalten beispielsweise die Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben.

Andreas Strassemeier sitzt als Grundmandatsinhaber für die Linke im Ausschuss. Das bedeutet, dass er zwar mitdiskutieren, aber nicht abstimmen darf. Strassemeier kritisierte auf der Sitzung Anfang Mai die vorgeschlagenen Änderungen der Satzung.

Einige Punkte, wie die geplante Befugnis, dass Gemeindemitarbeiter die Wohnung der untergebrachten Personen jederzeit unangekündigt betreten können sollen, hält Strassemeier für „übergriffig. Das zieht sich durch den ganzen Text.“

Er „verstehe das Interesse der Verwaltung“ an solchen Befugnissen. Dieses Interesse sei „zum Teil auch berechtigt“, erklärt er gegenüber dem HAMME / WÜMME REPORT. Aber man müsse „auch die Interessen der Menschen beachten, die dort wohnen“, betont das Ausschussmitglied.

 

Sorge bei Betroffenen

Friedrich-Karl Dreier ist empört über die Vorstöße der Verwaltung. Der Rentner lebt in einer von der Gemeinde bereitgestellten Unterkunft. Dreier sorgt sich, dass einige der von der Verwaltung geplanten Satzungsänderungen unverhältnismäßig seien.

„Ich persönlich bin der Meinung, sie machen das, weil sie es können. Weil sich niemand dafür interessiert. Sie gehen mit diesen Leuten, diesen sogenannten Obdachlosen, so um. Die können sich nicht wehren, die haben keine Rechte. Die Gemeinde kann jederzeit rein in die Wohnung, kann aufmachen, kann sagen, das ist nicht in Ordnung, da habt ihr zu viel“, beschreibt Dreier seine Bedenken.

 

Überarbeitung des Entwurfs steht aus

Als Reaktion auf Strassemeiers Kritik versprach die Verwaltung bereits im Mai, den Satzungsentwurf zu überarbeiten. Das ist nun vier Monate her. Er habe „noch keinen neuesten Stand“, berichtet Strassemeier Ende August. Er sei „irritiert, dass das alles so lange dauert“.

Die Gemeinde teilt auf Anfrage mit, dass die Überarbeitung des Entwurfs in Arbeit sei. Dabei handele es sich nur um Formulierungsänderungen – inhaltliche Anpassungen der Satzung seien nicht vorgesehen. Strassemeier zeigt sich über diese Einschätzung verwundert. Bei seinen Anmerkungen zum Entwurf handele es sich um „inhaltliche Kritikpunkte, nicht nur Formulierungsfragen“, bekräftigt er.

Bis Redaktionsschluss gab es von Seiten der Lilienthaler Verwaltung keine Rückmeldung, ob und in welcher Fassung die neue Satzung weiter von den kommunalen Gremien bearbeitet oder beschlossen wurde. Grund für die bisher fehlende Klarstellung seien Personalausfälle aufgrund von Krankheit, teilt die Verwaltung mit.

 

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