Vogt, Raumfahrt, All, Space, Bremen, ESA, Space Hub, Rakete, Satellit, OHB, Ariane, WFB, NASA, Airbus, Messe, Minister Eine Astronautin-Darstellerin zeigt, was Kristina Vogt (l.) vielleicht auch gerne geworden wäre – wenn es eine Schau wie die Space Hub gegeben hätte. Foto: Marcus Schmidt
Interview

„Wie kriegen wir dann Astronauten ins All?“

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„Raumfahrt-Senatorin“ Kristina Vogt zu Space Hub, ESA-Ministerratskonferenz, Space Tech Expo

Weser Report: Frau Senatorin Vogt, Sie haben die Ausstellung Space Hub eröffnet. Es folgt die bedeutende Fach-Messe Space Tech Expo und die entscheidende Ministerratskonferenz der Europäischen Weltraumagentur ESA. Warum gilt Bremen als Europas Raumfahrt-Hauptstadt – die Space City?

KRISTINA VOGT: Wir haben drei führende Systemhäuser in Bremen. Im Bereich der Raumfahrt haben wir Unternehmen, die alles abrunden. Wir haben zum Beispiel die Schwerlastrakete. In Bremen wird die Oberstufe für die Ariane gebaut. Ohne sie kriegt man keine großen Satelliten und Satelliten-Konstellationen vor allem in die entfernteren Orbits, die Positionen über der Erde.

In der bemannten Raumfahrt und in der Erforschung, der Exploration: Hier in Bremen wurde das Columbus-Modul für die Internationale Raumstation ISS gebaut. Für die Mondmissionen wird bei Airbus Defence and Space das Servicemodul gebaut, auf dem die Astronautinnen und Astronauten dann sitzen werden. Da hat die Stadt eine ganz besondere Expertise, denn Exploration in Europa ist Bremen.

Schließlich haben wir mit OHB das größte europäische Unternehmen, das Satelliten herstellt. Ob das nun für die Navigation Erdbeobachtung oder eben auch Forschung ist. Es gibt total spannende Missionen von der Abwehr von Asteroiden, Suche nach dunkler Materie, nach Lebensformen und Wasser – damit man auf anderen Planeten Habitate aufbauen kann.

Das sind schon drei wichtige Bereiche. Und es bildet sich auch darin ab, das in etwa 140 Aerospace-Unternehmen die höchste Dichte an Beschäftigten in der Raumfahrtindustrie arbeitet, die es in Europa gibt.

Sie haben in diesem Herbst drei Großveranstaltungen zur Raumfahrt. In welche haben Sie persönlich am meisten Arbeit und Herzblut reingesteckt?

Die Wirtschaftsförderung Bremen hat viel Arbeit in Space Hub gesteckt. Denn wir wollen die Raumfahrt den Bremerinnen und Bremer, vor allem jungen Leuten nahebringen. Mein Ressort ist überall aktiv. Persönlich hab ich mich sehr in die ESA-Ministerratskonferenz eingebracht. Da geht es um viel.

Die muss man sich so vorstellen: Die ESA-Mitgliedsstaaten – nicht nur EU-Mitglieder sondern z B. auch Großbritannien – sitzen hinter verschlossen Türen. Sie handeln aus, wie viel Geld in welche Programme geht. Es gibt einen Geo-Return, eine Rückgabe: Wenn die Regierung sagt, ich gebe 3 Milliarden Euro in Programm X, dann fließt es in deutsche Unternehmen zurück.

Was bewegt Sie am meisten?

Die ESA-Konferenz ist für die Unternehmen so wichtig, weil dort einiges schnell klar wird. Nehmen wir mal den Bereich der Launcher, der Raketen ins All. Da gab es in den vergangenen Jahren Irritationen. Es gibt hier so eine Haltung bei Teilen der Bundesregierung, wir bräuchten die Weiterentwicklung der Schwerlastrakete gar nicht.

Ich meine, wir brauchen sie. Sie zeigt durch die intelligente Oberstufe, dass sie sehr präzise unterschiedliche Nutzlasten mit einem Start in unterschiedliche Orbits verteilen kann. Sonst wären wir in Europa nicht in der Lage, unsere Satelliten unabhängig in die Orbits zu kriegen.

Ich kämpfe sehr darum, dass wir für die Exploration großen Raum finden. Die NASA stellt gerade die transatlantische Arbeit auf Druck von Trump infrage. Es ist ein politische Entscheidung. Die Internationale Raumstation ISS kommt in die Jahre und wir wollen bei neuen Projekten mit dabei sein. Wie kriegen wir dann Astronauten ins All?

Es geht nicht nur um den Mond, sondern im Zweifelsfall auch um Sicherheit. Und können wir noch forschen? Die genialste Forschung ist im Weltall entstanden. Das sind Themen, in die ich viel Zeit gesteckt habe.

Sie arbeiten mit der dritten Bundesregierung zusammen. Liefert die neue Raumfahrtministerin Dorothee Bär das, was Sie sich erhoffen?

Naja, ich habe zu der neuen Ministerin noch gar keinen persönlichen Kontakt gehabt – aber zu ihrem Staatssekretär und ihrer parlamentarischen Staatssekretärin. Wir haben ja schon gehofft, dass die Forderungen der Industrie und der drei Hauptsitzländer Bayern, Baden-Württemberg und Bremen im Bezug auf das Budget und Programm ernst genommen werden.

2019 und 2022 haben die Abgeordneten dafür gesorgt, dass der Schluck aus der Pulle etwas größer wurde. Darauf hoffe ich auch jetzt.

Springen für die Bremer neue Arbeitsplätze raus?

Was ist denn, wenn Trump nicht mehr mit Europa zusammenarbeitet: Dann wird es schwierig, weil uns das Know-how in der Exploration flöten geht. Die Ingenieure sind großartig, die werden irgendwo etwas anderes finden.

Natürlich springen auch Arbeitsplätze raus. Wenn es neue Satelliten-Missionen gibt, gehe ich dann stark davon aus, dass zusätzliche Arbeitsplätze in Bremen entstehen werden.

Ihre aktuell größten Wünsche?

Von der ESA-Ministerratskonferenz wünsche ich mir, dass das Ministerium – ich habe auch mit dem Kanzler darüber gesprochen – die Herausforderungen für Deutschland ernst nimmt. Und es sich nicht von manchmal Ideologie geleiteten Stimmen treiben lässt und die Programme beschlossen werden.

Von der Space Tech Expo erhoffe ich mir, vor allem einen großartigen Impact für die Bremer Unternehmen. Da geht es ja auch um die mittelständischen Unternehmen. Ich hoffe sehr, dass sie zu Abschlüssen kommen. Und von Space Hub erhoffe ich, dass Schülerinnen und Schüler, die ein oder andere Veranstaltung besuchen.

Wir brauchen immer talentierte Köpfe für die Raumfahrt. Ich hätte mir in meiner Schulzeit gewünscht, so was angucken zu können. Vielleicht wäre dann aus mir etwas anderes geworden.

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