Das Gestrüpp ist dicht gewachsen am Graben zwischen dem Bahnhof Hoykenkamp und der Querspange. Unscheinbar kommt der Wasserlauf daher. Doch genau hier lauert eine unsichtbare Gefahr, erklärt Tim Schmidt von der Organisation „Wasser ist ein kostbares Gut“. Altlasten in diesem Gebiet einer ehemaligen Ziegelei und vom Rüstungsstandort würden mittlerweile das Grundwasser bedrohen. Politiker und weitere Interessierte haben sich davon bei einer Veranstaltung vor Ort kürzlich selbst ein Bild gemacht.
Grenzwerte überschritten
Das Delmenhorster Institut Lafu hatte im vergangenen März eine Wasserprobe aus dem Graben untersucht. „Bei Ergebnissen im Bereich der Straße Querspange wurde deutlich, wie gesundheitsschädlich das Oberflächenwasser der entnommenen Probe ist. Dabei überschritten Aluminium, Antimon, Arsen, Blei, Cadmium, Eisen und Quecksilber die Werte deutlich“, so Schmidt. Insbesondere dieser „Cocktail-Mix“ mit vielen giftigen Stoffen berge eine noch größere Gefahr für das Grundwasser. Beim Aluminium beispielsweise wies das Labor eine Menge von 0,622 mg/l nach. Nach der Trinkwasserverordnung 2001 beträgt der Grenzwert für Aluminium 0,2 mg/l. In der Grundwasserverordnung 2010 ist nach Angaben des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz kein Schwellenwert festgeschrieben. Beim toxischen Halbmetall Arsen stellte die chemische Untersuchung eine Menge von 0,050 mg/l fest, was 50 Mikrogramm pro Liter entspricht. Der Grenzwert von zehn Mikrogramm je Liter wurde damit deutlich überschritten. Ähnlich sieht es bei den übrigen Stoffen aus. Schmidt hat die starke Vermutung, dass die Altlasten, die wenige Meter unter der Erdoberfläche liegen würden, auch im Grundwasser sind.
Neue Proben auf Schwermetalle untersucht
Tim Schmidt, der sich mit seiner Initiative schon lange für den lokalen Wasserschutz einsetzt, hat Ende Januar eine weitere Probe aus dem Graben am Bahnhof Hoykenkamp im Lafu-Labor auf die auffälligen Schwermetalle prüfen lassen. Beim Aluminium etwa wurden 50,6 mg /l wurden nachgewiesen. Das neue Ergebnis für Arsen liegt bei 1,43 mg/l, für Eisen bei 1.443 mg/ l (Grenzwert für Fische ab 0,2 mg /l), für Blei bei 0,493 mg / l (entspricht 493 Mikrogramm pro Liter, Grenzwert für Grundwasser 10 Mikrogramm je Liter). „Die Werte sind zum Teil viel höher, manchmal etwas niedriger als bei der letzten Probe“, so Schmidt. Nach zwei Untersuchungen sei eindeutig klar, dass das Gebiet schwer belastet sei mit einem giftigen Schwermetall-Mix, der für Tiere tödlich enden könne. Menschen dürften auf keinen Fall damit in Berührung kommen.
An die Politik gewandt
Der Ortsvorsitzende des Heimatvereins Hoykenkamp, Hartmut Fastenau, zeigte sich bei der Vor-Ort-Tour erschrocken darüber, dass die Altlasten durch den ansteigenden Grundwasserspiegel nun zum Umwelt-Problem geworden seien. Beim Bau der Querspange sei man immer bemüht gewesen, dass nicht viel Fläche versiegelt wird. Henning Suhrkamp vom Baumförder- und Waldschutz-Verein Delmenhorst erklärte, dass auch er im Bereich am Holz in Hoykenkamp das Grundwasser im Jahr 2003 untersuchen ließ. Er wollte damals ein Grundstück kaufen, tat dies aber nicht aufgrund ähnlicher Werte im Bereich der heutigen Querspange. Die FDP wolle einen Antrag für den Umweltausschuss stellen, Bündnis 90/Die Grünen Fragen zu der Problematik im Kreishaus Wildeshausen stellen.
Alte Hausmülldeponie
Der zuständige Landkreis Oldenburg erklärt auf Nachfrage des Delme Report, dass es sich bei der Altablagerung in Hoykenkamp vermutlich um eine alte Hausmülldeponie mit Bauschuttanteilen handelt. Die Klassifizierung der Ablagerungen sei in den 80er und 90er Jahren erfolgt. „Nach dem damaligen Kenntnisstand war – auch wegen geringem Gefährdungspotenzial – kein zwingender Handlungsbedarf im Sinne von weiteren Untersuchungen durch die Kreisverwaltung zu erkennen“, so Pressesprecher Oliver Galeotti. Für diese Altablagerung sieht es der Landkreis aufgrund der Verhältnismäßigkeit als ausreichend an, wenn im Vorfeld einer konkreten Änderung der derzeitigen Nutzungsverhältnisse, beispielsweise bei einer Bebauung oder landwirtschaftlichen Nutzung, entsprechende Untersuchungen durchgeführt werden. Die Altablagerungen wurden laut Galeotti über Jahre erfasst und werden im Geoinformationssystem (GIS) geführt. Jährlich gleiche man diese Daten mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ab, das alle bekannten Altablagerungen erfasst und führt. Hoykenkamp hat die Standortnummer 4580054019.
Altlastenregister gefordert
Bereits im März vergangenen Jahres hatte sich Schmidt an die Gemeinde Ganderkesee gewandt. Antwort: Man wolle eine mögliche Gewässerverschmutzung prüfen und, bei Nachweis, entsprechend handeln. Doch es sei nichts passiert. Die Gemeinde hat bislang auf Nachfrage des Delme Report keine Stellungnahme abgegeben. Schmidt wünscht sich, dass zumindest Schilder aufgestellt werden, um die Menschen zu warnen. „Viele wissen einfach nichts davon. Die Anwohner sollten informiert werden und ihr Grundwasser untersuchen.“
Alle Teilnehmer der Veranstaltung waren sich einig über den Handlungsbedarf. Sie fordern, dass die Ergebnisse von Grundwasserproben für alle kostenlos öffentlich sein müssen. Zudem müsse ein Altlastenregister mit genauen Standorten erstellt werden. Denn auch an weiteren Orten wie Elmeloh, Almsloh, Bookholzberg und Hude gibt es Schmidt zufolge Altlasten und Deponien. Nicht zu vergessen seien die 18 ehemaligen Ziegeleien im Bereich der Endmoräne von Delmenhorst bis zum Hohenbökener Moor. Die Fließrichtung des Grundwassers soll laut dem Umweltschützer bedacht und untersucht werden. Schließlich könne das belastete Wasser auch in umliegende Gewässer gelangen, wie zum Beispiel den Randgraben in der Gemeinde Ganderkesee.