Ein Mann steht vor einem klingelnden Telefon. Er sieht traurig und allein aus. So startet die Inszenierung von „Allens, wat ick seker weet“, die den Saisonabschluss für das Theater in OHZ (TiO) markiert. Es entspinnt sich ein Familiendrama, dessen Konflikte zwar für den Zuschauer banal wirken mögen, für die Figuren aber die Welt bedeuten. So ein Stoff funktioniert nur, wenn treffsicher gespielt wird. Regisseur Ulf Goergens und seinem Ensemble ist diese Leistung geradezu fulminant geglückt.
Hochwertige Amateurleistung
Rosie Voss (Amelie Odia) sitzt auf ihrem Rucksack im Flughafen. Sie freut sich, nach einem Aufenthalt in Vancouver, ihre Familie wiederzusehen. Den Zuschauern erzählt sie von ihren Erlebnissen, die zwar für die eigentliche weitere Handlung kaum Relevanz haben werden, die aber zeigen: Jede Figur hat ihr Leben außerhalb des Stückes. Odia vollführt in ihrer Einführungsszene das Kunststück, sitzend und allein den Zuschauer zu packen. Keine einfache Aufgabe für einen Schauspieler, für einen Amateur noch weniger. Und so legt Odia den Tenor für die Inszenierung fest. Was man in der Scheune auf dem Gut Sandbeck sieht, ist Amateurtheater von hoher Güteklasse.
Die eigentlich tragenden Rollen stellen sich danach vor. Iris Richters und Carsten Mehrtens spielen das Elternpaar Manuela und Thomas Voss. Auf deren Garten schauen die Zuschauer von beiden Seiten, die Bühne ist in einer Grube in der Mitte der Scheune platziert (Konzept von Beate Schöne). So verstärkt sich noch der Eindruck, man nehme an einer intimen Familiengeschichte teil. Und so kommt es, dass jedes Mitglied des Clans nach und nach die eigenen Sorgen und Nöte offenlegt. Mal weniger, mal höchst dramatisch. Wie sollte es anders sein, kann man sich hin und wieder mit den Reaktionen der anderen koordinieren oder sie gar verteufeln. So bieten die Eltern wohl die Reaktion, die Transmenschen sich am ehesten in ihren schlimmsten Albtraumszenarien ausmalen können. Dabei bleibt das Spiel echt und nachvollziehbar. Was, man kann es nur immer wieder betonen, eine große Leistung aller ist.
Spannung auch im Zuschauerbereich
Das Drama „Allens, wat ick seker weet“ verlangt dem Publikum einiges ab, die Spannung am Premierenabend ließ sich mit dem Messer schneiden. Doch nie fiel eine Länge auf, nie hat man sich nach Erlösung gesehnt. Gewürdigt wurde die Leistung aller mit stehenden Ovationen. Ein gutes Zeichen, immerhin bewirbt sich das TiO mit dem Stück auf den Willy Beutz Preis zur Förderung des Niederdeutschen Schauspiels. Auf diesen alle zwei Jahre verliehenen Preis kann sich das TiO mit „Allens, wat ick seker weet“ durchaus Hoffnung machen. Die Inszenierung ist echt und hart, das Bühnenkonzept stärkt die Wirkung des Stückes zusätzlich und auch jene, die bislang Berührungsängste mit dem plattdeutschen Theater hatten, sollten einen Besuch riskieren.
„Allens, wat ick seeker weet“ ist noch elfmal zu sehen, das nächste Mal am morgigen Sonntag, 9. März, um 16 Uhr. Karten gibt es unter Telefon 04791 / 30 34 35, weitere Infos unter theater-in-ohz.de