Ein Buch mit 202 Seiten: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer stellte gemeinsam mit Thorge Koehler, dem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, den Verfassungsschutzbericht für Bremen vor. Dieser gebe gleich in mehreren Bereichen Grund zur Besorgnis. Die größte Gefahr für die Demokratie stelle in Deutschland weiterhin der wachsende Rechtsextremismus und die Entstehung neonazistischer Jugendgruppen dar, so der Bericht. So gab es bundesweit einen Anstieg der Straftaten bei der politisch motivierten Kriminalität Rechts (PMK-Rechts) um 47,8 Prozent. Diese Entwicklung spiegele sich seit Ende vergangenen Jahres auch in Bremen wider.
18 Gewaltdelikte allein in Bremen 2024
Bei der PMK-Rechts sei 2024 in Bremen ein Anstieg um 26,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr festzustellen. Die Zahl der Gewaltdelikte stieg von acht in 2023 auf 18 im Jahr 2024. Die sozialen Netzwerke fungieren dabei wie ein Brandbeschleuniger für die rasante Radikalisierung von Jugendlichen, erklärt Mäurer.
Der virtuelle Raum böte Rechtsextremisten große Möglichkeiten, ihre menschenfeindliche Weltanschauung zu verbreiten und neue Anhängerinnen und Anhänger zu rekrutieren. Unser Rechtsstaat stünde vor einer großen Herausforderung, wenn es Jugendlichen normal erscheine, Hakenkreuze auf Mauern und Wände zu schmieren, sorgt sich der Innensenator.
Hinter diesen Propagandadelikten stehe eine verfassungsfeindliche wie menschenverachtende Ideologie. Das rechtsextremistische Personenpotenzial im Land Bremen stieg laut Bericht von 210 (2023) auf 220 im vergangenen Jahr.
Beamte mit AfD-Mitgliedschaft könnten überprüft werden
Im Bericht ging Mäurer auf das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz hinsichtlich der AfD ein. Für den Fall, dass das Gutachten gerichtlich bestätigt wird, hat sich die Innenministerkonferenz in der vergangenen Woche darauf verständigt, die Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst und das Dienstrecht, die Sicherheitsüberprüfungen sowie das Waffenrecht in den Fokus zu nehmen.
Etwa 250 gewaltorientierte Linksextemisten in Bremen
Auch die linksextremistische Szene bindet wie bisher viel Aufmerksamkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. Mäurer ordnet ein: „Es sind überproportional viele.“ Die Szene betrachte Gewalt weiterhin als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung unter Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols. Die Zahl der gewaltorientierten Linksextremistinnen und Linksextremisten betrage wie im Vorjahr zirka 250 Personen im Land Bremen. Bundesweit wie auch in Bremen begingen gewalttätige Linksextremisten im vergangenen Jahr immer wieder gezielte körperliche Angriffe auf politische Gegner und Polizisten.
Unberechenbarkeit des Gefahrenpotenzials
Der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Thorge Koehler, erklärte zum Islamismus: „Eine besondere Herausforderung für die Arbeit des Verfassungsschutzes stellen Personen dar, bei denen religiöser Extremismus mit einer vorhandenen psychischen Erkrankung zusammenfällt. Dies erhöht die Unberechenbarkeit des Gefahrenpotenzials, das von den Betroffenen ausgeht.“
Der salafistischen Szene in Bremen gehörten etwa 460 Anhängerinnen und Anhänger an, so Koehler. Der Großteil lasse sich dem politischen Salafismus zurechnen. Ungefähr 30 Prozent hingen jedoch dem jihadistischen Salafismus an, der Abstufungen einer Gewaltorientierung aufweise.
Desinformation, Cyberangriffe, Sabotage und Spionage aus Russland
Wie bereits auch schon im vergangenen Jahr nimmt die hybride Bedrohung, die aktuell in besonderem Maße von Russland ausgehe, auch für die Arbeit des Bremer Verfassungsschutzes eine zentrale Bedeutung ein. Dabei meint hybride Bedrohung zielgerichtete ausländische Einflussnahmen in Form von Desinformation, Cyberangriffen, Sabotage und Spionage. Bremen mit seinen Häfen und Rüstungs- sowie Raumfahrtunternehmen stehe in diesem Deliktsfeld in einem besonderen Fokus.
Antisemitismus eint fast alle Radikalen
Eine eigene Rubrik mit Judenhass, dem Antisemitismus, gibt es nicht. Koehler unterstreicht aber: „Im Zuge der anhaltenden Eskalation des Nahost-Konfliktes ist es ein Riesenproblem geworden, was fast alle Extremistinnen und Extremisten eint.“ Es taucht deshalb in jedem Kapitel auf.
Salafisten stärkste Personengruppe mit extremistischen Bestrebungen
Welche die größten Gruppen mit „extremistischen Bestrebungen“ sind, zeigt ein Zahlenblatt vom Freitag: Platz eins kommt aus dem Islamismus, die Salafisten mit zirka 460 bekannten Personen. Platz zwei belegen Linksextremisten mit etwa 250 Leuten. Auf Platz drei und wachsend, erscheinen Rechtsextremisten mit zirka 220 Anhängern.
Aufmerksamkeit für ausländische Bedrohung gesteigert
Es sei in seinem Bereich immer schwer, von Erfolgen zu sprechen. Koehler freut sich aber, die Aufmerksamkeit gegenüber Gefahren von außen gesteigert zu haben: „Was uns gut gelungen ist, dass wir durch ausgeweitete Öffentlichkeitsarbeit deutlich gemacht haben, uns mehr um die hybriden Bedrohungen und die ausländische Einflussnahme kümmern zu müssen.“ Im Zuge der Bundestagswahl habe die Bürgerschaft und die Landeszentrale für politische Bildung auf die Einflüsse hingewiesen. „Deutschlandweit einmalig“, betont Koehler.







