Die Wilhelm-Kaisen-Brücke besteht eigentlich aus zwei Teilen, die in der Mitte zusammentreffen. Genau dort ist ihr Schwachpunkt, der durch Spannglieder verstärkt werden soll.. Foto: Lürssen
Brückensanierung

Ertüchtigung ohne lange Sperrungen

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Was an der Wilhelm-Kaisen-Brücke in Bremen geplant ist und welche Auswirkungen das auf den Verkehr hat.

Das ungünstigste denkbare Szenario für den Öffentlichen Personennahverkehr in Bremen tritt am kommenden Sonntag, 20. Juli 2025, ein. Zum Glück soll es nur einen Tag dauern: Weil die Bürgermeister-Smidt-Brücke weiterhin für Straßenbahnen gesperrt ist und wegen Gleisbauarbeiten keine Straßenbahnen über die Domsheide und damit über die Wilhelm-Kaisen-Brücke fahren können, ist das Straßenbahnnetz zwischen linker und rechter Weserseite dann komplett getrennt.

Aufgrund der eingeschränkten Belastbarkeit der beiden altersschwachen Brücken schwebt das Worst-Case-Szenario des getrennten Netzes weiterhin wie ein Damoklesschwert über der Stadt. Um es zu verhindern, beginnt am 18. August die Ertüchtigung der Wilhelm-Kaisen-Brücke. Parallel laufen bereits die Vorbereitungen für einen Belastungstest der Bürgermeister-Smidt-Brücke.

Nachweis über die Tragfähigkeit

Ziel des Tests: Messungen sollen belegen, was theoretische Berechnungen bisher nicht konnten. Sie sollen nachweisen, dass das Bauwerk tragfähig genug ist, um gefahrlos wieder Straßenbahnen herüber fahren lassen zu können. Möglich ist allerdings auch, dass die Messungen ergeben, dass zunächst weitere Ertüchtigungen notwendig sind. Gewisse Schwachstellen aufgrund der verwendeten Bauteile sind bekannt. Allerdings sei es aufgrund der Bauweise kaum möglich, diese zu verstärken, erläutert Rick Graue, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr.

„Wenn wir ein positives Ergebnis bekommen, dann kann die Linie 1 wieder über die Bürgermeister-Smidt Brücke fahren“, hofft Andreas Busch, Leiter der Verkehrsplanung bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG). Wann das sein könnte, mag er sich noch nicht ausmalen. Das hängt davon ab, wie schnell die Statiker nach dem Belastungstest am 31. August die Daten aus- und bewerten können.

Riesige Datenmengen auszuwerten

Thomas Sauer, Leiter der Abteilung Brücken- und Ingenieurbau im ASV, schätzt, dass es mindestens sechs Monate dauern werde, bis die Berechnungen abgeschlossen seien. „Das ist für alle Beteiligten Neuland“, sagt er. 120 Messstellen würden riesige Datenmengen im Terrabytebereich liefern. Frühestens im März 2026 könnte demnach eine Freigabe für die Straßenbahn erfolgen.

Problem für die BSAG: Wenn die Linie 1 wieder auf dem gewohntem Weg über die Weser fahren kann, muss der Fahrplan umgestellt werden. Das gehe aber nicht von heute auf morgen, so Busch. Um so eine Umstellung planen zu können, brauche man einen Termin, doch genau den gibt es eben noch nicht.

Neue Betonanker

Für die Wilhelm-Kaisen-Brücke gibt es hingegen einen ganz genauen Terminplan. Los geht es mit der Einrichtung der Baustelle ab 18. August. Dazu gehört auch, dass Zugänge zu den Hohlkästen der Spannbeton-Brücke geschaffen werden. In diese Hohlräume sollen ab Ende September 16 Ankerblöcke und dicke Stahlseile eingebracht werden. Die sollen die Brücke auf Spannung bringen, damit sie in der Mitte nicht weiter absackt. Das ist aufgrund der geringen Höhe von 1,50 bis 2,50 Meter innerhalb der Hohlkästen gar nicht so einfach.

Besondere Schwierigkeit für die Bauarbeiter: Um die neuen Betonanker in der Brückenmitte befestigen zu können, müssen dort Kernbohrungen durchgeführt werden. Doch genau durch diese Bauteile laufen die Stahlseile, die die Brücke bisher auf Spannung halten.  „Die dürfen natürlich nicht getroffen werden“, warnt Graue.

Vollsperrung im November

Vom 7. bis 9. November 2025 sollen dann der Beton gegossen werden. Das werden laut Plan die einzigen Tage sein, an denen die Wilhelm-Kaisen-Brücke voll gesperrt wird. Fahrbahnverengungen sind auch am 26./27. Januar 2026 und 23./24. März 2026 erforderlich, wenn die Stahlseile auf großen Rollen angeliefert und eingebracht werden sollen.

Die gute Nachricht: Ansonsten bleibt die Brücke für motorisierten Individualverkehr und ÖPNV durchgängig befahrbar – wenn alles nach Plan läuft. Lediglich der Fuß- und Radverkehr müsse mit punktuellen Absperrungen rechnen. „Vielleicht muss man sein Rad mal ein paar Meter schieben“, sagt Graue. Die Querung bleibe aber jederzeit möglich.

Bremen kauft sich Zeit

Die Kosten für die Ertüchtigung der Wilhelm-Kaisen-Brücke schätzt Sauer auf zwei bis drei Millionen Euro. Der Belastungstest der Bürgermeister-Smidt-Brücke inklusive aller Berechnungen werde 600.000 bis 700.000 Euro kosten. Geradezu ein Schnäppchen, wenn man an die Ertüchtigung der Autobahnbrücke denkt, für die der Bund 93 Millionen Euro investiert.

In allen Fällen kauft man sich vor allem Zeit, um Ersatzbauten für die Lebensadern der Stadt planen und errichten zu können. Für die Wilhelm-Kaisen-Brücke und die Bürgermeister-Smidt-Brücke hofft Bremen auf eine Restnutzungsdauer von gut 20 Jahren. Bei der Weserstrombrücke rechnet die Autobahngesellschaft mit einer Lebensverlängerung von zehn Jahren.

Aktuelle Infos zu Sperrungen und zum Stand der Projekte: bruecken.bremen.de

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