Torsten Barenborg ist Leiter der Bremer Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek). Der vdek ist Interessenvertretung und Dienstleister der sechs Ersatzkassen TK, Barmer, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK. Pflege Foto: vdek Torsten Barenborg ist Leiter der Bremer Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek). Der vdek ist Interessenvertretung und Dienstleister der sechs Ersatzkassen TK, Barmer, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK. Foto: vdek
Hohe Pflegekosten

„Wie soll das jemand bezahlen“

Von
Ersatzkassen-Vertreter Torsten Barenborg über die hohen Eigenanteile in Pflegeheimen

Weser Report: Der vdek hat in dieser Woche die aktuellen Zahlen zur Eigenbeteiligung in Pflege und Pflegeheimen veröffentlicht. Warum sind die Kosten so hoch und in Bremen am höchsten bundesweit?

Torsten Barenborg: Das muss noch genauer analysiert werden. Was man bisher vermuten kann, ist, dass die Tarifbindung in der Pflege in Bremen höher ist als in anderen Regionen. Das ist vom Gesetzgeber aber auch so gewollt. Da wir auf ein Defizit bei den Pflegefachkräften hinsteuern, muss man da ein Zeichen setzen.

Neben den Arbeitsbedingungen gehört da natürlich auch die Vergütung dazu. Andererseits muss auch klar sein, dass das eine Menge Geld kostet, wenn man die Vergütung erhöht. Unter dem Strich steigt dann die Eigenbeteiligung der Pflegeheimbewohner.

Gibt es noch weitere Faktoren für hohe Pflegekosten?

Als weiteren möglichen Auslöser haben wir den Personalanhaltswert identifiziert. Der Gesetzgeber strebt an, dass die Pflegequalität steigt, weil mehr Personal je Pflegeheimbewohner zum Einsatz kommt. Wenn da die Quote hoch ist, führt das auch zu höheren Kosten. Wir nehmen an, dass die Träger in Bremen da schon weiter sind als anderswo.

Es gab auch Berichte, dass die Bremische Bauverordnung von 2023 einen Einfluss darauf haben könnte, weil sie die Anzahl der Bewohner in einem Heim limitiert und dadurch Fixkosten auf weniger Köpfe umgelegt werden. Daran glauben wir nicht. Seit dem Inkrafttreten sind in Bremen gar keine neuen Heime gebaut worden und die bestehenden Einrichtungen haben einen Bestandsschutz.

Gibt es noch weitere Standards, die in Bremen höher sind als anderswo?

Davon wäre mir nichts bekannt. Die genannten Faktoren erklären aber auch nicht alles. Etwa wenn man sieht, dass die Investitionskosten und die Ausbildungskosten in Bremen relativ hoch sind im Vergleich zu anderen Ländern. Um das zu erklären, sind noch tiefergehende Analysen notwendig. Egal, wo sich Bremen einreiht, wenn man sich den Bundesdurchschnitt mit rund 3.100 Euro Zuzahlung pro Monat anschaut, dann ist das einfach zu viel.

Man fragt sich ja, wie soll das jemand mit einer Durchschnittsrente bezahlen? Das ist nicht möglich. Dabei ist die Pflegeversicherung vor 30 Jahren eigentlich geschaffen worden, um zu vermeiden, dass Menschen Sozialhilfeempfänger werden, wenn sie in ein Pflegeheim gehen. Da müssen wir eine Kehrtwende hinbekommen.

Hat das jemals funktioniert?

In den Anfangsjahren hat es tatsächlich weniger Sozialhilfefälle gegeben. Die Einsparungen hätten eigentlich in Investitionen in Pflegeeinrichtungen fließen sollen. Das hat aber nie stattgefunden. In den Pflegeheimtarifen sind in Bremen im Durchschnitt Investitionskosten in Höhe von 605 Euro pro Monat enthalten, die von den Bewohnern finanziert werden. Das ist falsch. Das ist gegen die Zielsetzung der Pflegeversicherung, die Altersarmut verhindern sollte.

Ähnliches gilt für die Ausbildungskosten in Höhe von 170 Euro. Das sind in der Summe 775 Euro, die die Eigenanteile der Pflegeheimbewohner belasten. Wenn man die endlich wegbekäme, dann hätte man schon mal eine erhebliche Reduzierung der Eigenanteile erreicht.

Wenn der Staat diese Kosten trägt, müssten sie aus Steuermitteln getragen werden. Gibt es auch Ansätze, die Kosten in der Pflege insgesamt zu senken?

Das würde bedeuten, dass man in irgendeiner Weise Leistungskürzungen vornimmt. Das möchte ich den Versicherten nicht erklären müssen. Insbesondere nicht, weil Bund und Land ihrer Finanzierungsverantwortung nicht gerecht werden. Das wäre genau das falsche Signal. Deshalb würden wir als Pflegeversicherungen das auch nicht fordern.

Die jetzt von der Bundesregierung eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat das allerdings auch mit zum Auftrag. Vielleicht wird man dabei auf die Frage stoßen, ob der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff unter dem Strich dazu führt, dass Menschen Mittel und Leistungen bekommen, die vielleicht nicht unbedingt nötig wären. So etwas hört man zumindest manchmal über Bezieher der Pflegegrade 1 und 2.

 

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