HAMME/WÜMME REPORT: Frau Tietjen-Vuzem, seit wann sind Sie Erzieherin?
Heidi Tietjen-Vuzem: Ich bin seit 2001 als Erzieherin tätig und seit 14 Jahren leite ich den Evangelischen Kindergarten St. Willehadi Osterholz-Scharmbeck. Ich habe die Einrichtung während meiner Ausbildung schon kennengelernt. Man wandert immer in unterschiedliche Häuser, im Normalfall. Im ersten Jahr war ich hier und habe direkt für dieses Haus eine Zusage bekommen.
Thema Fachkräftemangel. Spüren Sie den aktuell?
Ich würde sagen, im Kita-Bereich ist es unterschiedlich. Wir haben neun Kitas beim Kita-Verband und wir stellen immer fest: Es kommt darauf an, wer wo liegt und wie zentral und wie gut die Anbindung ist.
Je ländlicher, desto schwieriger?
Genau. Wir selbst merken es zum Beispiel auch schon, dabei sind wir nur fünf Minuten vom Bahnhof entfernt. Und bei Kollegen, die eben keinen Bahnhof in der Nähe haben, gestaltet sich die Nachwuchssuche auch als schwieriger. Viele junge Menschen haben vielleicht auch nicht mehr unbedingt ein Auto.
Sie selbst haben aktuell vier Auszubildende, eine Luxusposition.
Ja. Eine kommt aus dem Ausland. Sie war ursprünglich Lehrerin in Brasilien. Ihre Ausbildung wurde hier nicht anerkannt, jetzt hat sie den Sozialassistenten gemacht. Sie konnte zum Glück aber wenigstens im zweiten Jahr einsteigen und geht jetzt in die Erzieher-Teilzeitausbildung. Diese Ausbildung ist dann berufsbegleitend. Die Ausbildung dauert dann zwar drei statt zwei Jahre, dafür bekommt sie aber auch jeden Monat Geld.
Haben Sie auch schon in der Vergangenheit Erfahrungen mit Migranten gemacht, die im Kita-Bereich gearbeitet haben oder sich ausgebildet haben?
Wenn ich die letzten Jahre durchgehe, merke ich, dass für mich viele immer gar keine Migranten sind und es mir manchmal deswegen gar nicht so bewusst ist. Eine Kollegin fällt mir ein, eine Auszubildende, die wir hier hatten. Da ist es aber leider in der Schule gescheitert, wobei wir sie fachlich auch total toll fanden. Aktuell haben wir auch eine Kollegin aus Russland.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf den Beruf ausgewirkt?
Ich habe das Gefühl, dass seitdem die Leute nicht mehr so belastbar sind. Davor fand ich nicht, dass wir diesen Personalmangel haben. Ich kenne viele im persönlichen Umfeld, die aus dem Berufsfeld jetzt ausgestiegen sind oder sich beruflich verändert haben. Die Belastungen sind gestiegen, höre ich oft als Begründung. Es ist schade, weil ich viele tolle Pädagogen kenne, die leider aussteigen. Und das macht sich natürlich bemerkbar.
Wo gibt es bei den Rahmenbedingungen denn die größten Problemfelder?
Es ist tatsächlich, dass die Ausbildung weiterhin zum Großteil nicht finanziert wird. Es gibt mittlerweile schon ein paar Wege, um sie zu finanzieren. Aber da muss einfach noch mehr passieren. Und ich merke, die Gruppen müssten kleiner werden. Also man hat im Regelbereich 25 Kinder und zwei Erzieher.
Was würden Sie selber außerdem noch verbessern?
Ich würde mir wünschen, dass die Regierung mehr Geld in die Kitas selbst steckt. Dass etwa die Ausbildung finanziert wird. Mit mehr Geld könnten wir auch eine Küchenhilfe einstellen fürs Frühstück, um den Kindern zum Beispiel täglich ein gesundes, wertvolles Frühstück zur Verfügung zu stellen. Das würden meine Kollegen total gerne machen, können sie aber gar nicht, weil sie so mit allen anderen Aufgaben eingebunden sind.
Und wie bewerten Sie die Gesamtsituation an Kitas?
Bei uns ist es nicht ganz kritisch. Aber ich weiß halt von anderen Kitas, wo es deutlich dramatischer ist. Aber es hängt natürlich auch immer von dem Personal vor Ort ab. Es kommt auf die Mannschaft an und ich habe hier ein tolles Team.







