„Du hast dieses Erlebnis, den Infarkt, wirst entlassen und weißt gar nicht, was dann“, erklärt Sylvia Voß. Was Voß, Michael Sturhann und Stephan Otten eint: Die drei sind Herzpatienten. Um anderen Betroffenen zu helfen, haben sie gemeinsam mit zwei weiteren Patientinnen und Patienten sowie der Stiftung Bremer Herzen die Selbsthilfegruppe „HerzWelten“ gegründet.
Das Entstehen von HerzWelten
Zusammengefunden hat sich die Gruppe genau dort – am Standort der Stiftung am Klinikum Links der Weser. Ob als Studienteilnehmer im Nachgang eines Infarkts, mit einem Aortenklappenersatz, Herzrasen oder in der Nachbetreuung einer koronaren Herzerkrankung, ihr Ziel ist gleich: „Ängste nehmen, Unterstützung anbieten und Erfahrungen austauschen“, beschreibt Sturhann. Einmal im Monat trifft sich die Gruppe im Cardiologicum am KldW. Themen, die man dort besprechen kann, gebe es reichlich, erklärt Voß.
Austausch über Erfahrungen und Nebenwirkungen
Ein Beispiel: Nach ihrem Infarkt wurde Sylvia Voß ein Medikament verschrieben. Daraufhin traten, auch bei leichten Stößen, große Blutergüsse auf. „Ich dachte, ich verblute innerlich.“ Im Austausch mit anderen Patienten, die dasselbe Medikament bekamen, habe sich schnell ergeben, dass dies eine typische Nebenwirkung sei. „Da haben die Ärzte heutzutage gar keine Zeit mehr für, und das ist auch verständlich. Und den Beipackzettel versteht auch nicht jeder“, so Voß. Für solche und ähnliche Fälle sei die Gruppe ein wichtiger Anlaufpunkt.
Sport, Alltag und offene Fragen
Und auch darüber hinaus bleiben nach der Diagnose viele Fragen offen, erklärt Otten. Was ihn beschäftigt hat: „Wie viel Sport darf ich mir zutrauen oder bewege ich mich am Ende zu wenig?“ Auch wenn es banal klinge – schon das Gespräch zu suchen sei ein wichtiger Schritt, sagt Otten. „Gerade Männer sind ja dafür bekannt, nicht immer über so etwas zu sprechen“, erklärt er. Bei Herzerkrankungen sei das jedoch besonders wichtig. Auch Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard lobt die Initiative: „Sie schaffen damit einen Ort, der zeigt, dass man nicht alleine ist.“ Der Dialog sei unfassbar wichtig, so Bernhard – mit anderen Erkrankten, aber auch mit Angehörigen.
„Die sind in der Gruppe auch immer willkommen“, sagt Voß. „Denn auch die haben Ängste. Ich habe einmal einer Person gesagt, dass ich Zahnschmerzen habe – und dann ging da natürlich sofort der Film im Kopf los“, erinnert sich Voß. Auch wenn es schwierig sei, über Herzerkrankungen zu sprechen, sei es dringend notwendig. In der Selbsthilfegruppe sind die Betroffenen unter sich, professionelle ärztliche Unterstützung, ist aber auch aufgrund der räumlichen nähe, nicht weit.
Prävention und Nachsorge im Fokus
„Herzerkrankungen sind eine Volkserkrankung“, erklärt Professor Harm Wienbergen vom Cardiologicum. Die Selbsthilfegruppe schaffe es, die Bemühungen des Klinikums ein Stück weit abzurunden. „Dabei steht aber nicht nur die Nachsorge, sondern auch die Vorsorge im Fokus. Präventiv können wir da unfassbar viel machen“, so Wienbergen.
Herzkreislauferkrankungen fingen oft bei kleinen Dingen an – etwa bei hohem Blutdruck oder erhöhten Cholesterinwerten. Mit einer Ernährungsumstellung, regelmäßiger Bewegung oder einer Raucherentwöhnung könnten Risiken schon im Vorfeld minimiert werden, so Wienbergen weiter. Die „HerzWelten“ seien dementsprechend ein Projekt, das gut in diese Zeit passe – auch weil man sich online zu den Sitzungen dazuschalten könne.
„Generell kann ich nur sagen: Hört auf euren Körper“, appelliert Sturhann. Die Warnzeichen seien bei ihm schon in den Jahren, bevor die Erkrankung akut wurde, aufgetreten. „Man ignoriert das ein paar Tage oder tut es einfach ab und weiß gar nicht, was das sein könnte“, erklärt er. Im Nachhinein würden sich die Symptome, wie Müdigkeit, Atemlosigkeit oder dann aber wie ein Puzzle zusammensetzen.
Informationen zu kommenden Treffen der HerzWelten
Die nächste Treffen findet am 16. Oktober um 17 Uhr statt. Mehr Informationen und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gibt es online unter bremer-herzen.de.







