Ein Montagabend im Bremer Hauptbahnhof: Gerade haben sich Fahrgäste in den Metronom über Oberneuland und Sagehorn nach Hamburg gesetzt. Kurz darauf spricht der Zugchef etwas von einer „Oberleitungsstörung“. Der ME 41 fährt danach – weiträumig umgeleitet – über Verden bei Rotenburg wieder auf die planmäßige Strecke zurück. Private Autos und Taxis bringen die zu weit gefahrenen Gäste an ihre eigentlichen Ziele.
Das ist einer von mehreren Fällen mit den Stromleitungen für den Lokantrieb in wenigen Wochen. Die Ursachen sind unterschiedlich. „Gestern gab es eine Oberleitungsstörung zwischen Sottrum und Ottersberg auf der Strecke Hamburg-Bremen in der Zeit von 19.40 bis 0.50 Uhr“, erklärte eine Bahnsprecherin die Situation oben. Die Ursachen für Störungen im komplexen Bahnsystem seien vielschichtig. Sie reichen von internen bis zu externen Ursachen – wie Personen im Gleis oder Störungen an der Infrastruktur, wie zum Beispiel der Oberleitung. „Auch hier sind es diverse Ursachen: Technische Störungen, Gegenstände in der Oberleitung oder fahrzeugbedingte Störungen“, umschrieb die Mitarbeiterin die Fälle.
Oberleitungsstörung: Keine Zahlen über Häufigkeit bekannt
Die „Zahlen über Häufigkeit“ lägen der Bahn aber nicht vor. „Bei Fremdeinwirkung ermittelt die Bundespolizei, die DB unterstützt“, erklärt die Sprecherin unter anderem für Bremen und Niedersachsen.
Die Bundespolizei meldete zum Beispiel am 8. Oktober: „Nahe Buchholz ist offenbar ein großer Ast von einem Baum aus bislang noch ungeklärter Ursache in die starkstromführende Oberleitung gefallen und fing dadurch Feuer. Der Triebfahrzeugführer eines Metronom-Zuges auf der Fahrt von Hamburg nach Bremen konnte trotz Schnellbremsung nicht verhindern, dass sein Zug mit einer Geschwindigkeit von etwa 120 Stundenkilometern in die Unfallstelle hinein fuhr.“
Bundespolizei: Nur polizeiliche Relevanz in der Statistik
„Im Jahre 2025 hat die Bundespolizeiinspektion Bremen auf den Bahnstrecken in und um Bremen bisher eine einstellige Zahl von Vorkommnissen mit Beschädigungen von Bahnoberleitungen erfasst“, so Simon Gruhl. Sprecher der Bundespolizei Bremen. Nach seinen Unterlagen wurde etwa bei der Hälfte der Fälle Materialermüdung als Ursache ermittelt. In zwei Fällen stürzten bei stürmischem Wetter Bäume in die Oberleitung. In einem Fall wurde eine Oberleitung bei einem Unfall an einem Bahnübergang in Mitleidenschaft gezogen. „Ich merke an, dass es sich bei den genannten Fällen der polizeilichen Eingangsstatistik nur um die Fälle handelt, die polizeiliche Relevanz entwickelten. Nicht jeder Oberleitungsschaden wird auch als „Polizeifall“ erfasst“,, so der der Sprecher. Sabotagefälle sind ihm „nicht bekannt“.
Metronom-Sprecher Björn Tiedemann, listet eine ganze Reihe von Fällen mit einer Oberleitungsstörung im Bundesbahn-Netz auf – allein im Oktober: Mal war es ein „gerissenes Verbindungsteil zwischen Tragseil und Oberleitung „bei Klein Süstedt am 1. Oktober. Verursacht durch einen ICE, ein anders Mal war es eine „Kollision mit einem Baum“, der eine Oberleitung eingerissen hatte am 8. Oktober bei Buchholz. Oder ein Güterzug beschädigte eine „Oberleitung hinter Sottrum“ am 13. Oktober.
Fahrgastverband Pro Bahn: Schlechter Gesamtzustand
Malte Diehl vom Fahrgastverband Pro Bahn wagt dafür einige Erklärungen: „Es ist mir in den letzten Monaten aufgefallen, dass besonders die Strecke nach Hannover fast täglich mindestens eine technische Störung – nicht unbedingt nur Oberleitungsschäden, sondern zum Beispiel auch Signal- oder Weichenstörungen – verzeichnet.“ Nach seiner Meinung spricht das für einen schlechten Gesamtzustand der Strecke. Nach seiner Erfahrung gibt es drei wesentliche Ursachen für Oberleitungsstörungen: „Materialermüdung, Fehler am Stromabnehmer und Stürme.“ Vandalismus spiele keine große Rolle. Stürme halte er aber für ein echtes Problem. So stelle die Bahn dann den Betrieb eher ein als früher. Auch der Rückschnitt der Bäume entlang der Strecke sei vernachlässigt worden.







