Weser Report: Der Widerstand in den betroffenen Stadtteilen ist groß. Wie haben Sie die Atmosphäre vor Ort wahrgenommen?
Michael Huesmann: In Strom waren die Gespräche sachlich, auch wenn es einige emotional vorgetragene Statements gab. In Seehausen sind wir, als ich mit meinen Kollegen ankam, von einem Spalier aus Eltern und Schülern empfangen worden. Sie haben getrommelt, gesungen und skandiert. Am Ende des Spaliers wurde mit eine Vielzahl von Briefen überreicht.
Was stand darin?
Die Briefe sind voller Hoffnung und artikulieren die Nöte, die für die Menschen mit einer Schulschließung verbunden wären. Ich habe sie alle gelesen und werde sie an die Senatorin weiterleiten.
Unter anderem die hohen Sanierungskosten an beiden Standorten sind ein Grund für die Schließungsdiskussion. Warum sind sie überhaupt ein Problem der Bildungsbehörde, die ja nur Mieter ist?
Sie sind auch unser Problem, weil wir die Nebenkosten zahlen müssen. Außerdem gibt es Mindeststandards, die erfüllt sein müssen. Die Kollegen in Seehausen haben sich zwar mit der Situation arrangiert, aber dort herrschen nicht die Standards, die wir an Schulen eigentlich haben. Außerdem hat Immobilien Bremen keinen eigenen Topf, das heißt, wenn Sanierungen anfallen, muss der Senat entsprechende Mittel bewilligen.
Sollte man nicht erst einmal versuchen, diese Mittel zu bekommen, bevor man über eine Schließung nachdenkt?
Wir haben in Bremen eine angespannte Haushaltslage. Deshalb müssen wir uns auf Standorte konzentrieren, wo Investitionen aus perspektivischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sind. Das könnte zum Beispiel in Rablinghausen der Fall sein, wo ein Anbau, der auch den Kindern aus Strom und Seehausen zugute käme, 1,1 Millionen Euro kostet, während allein die Sanierung in Seehausen 1,6 Millionen Euro kostet. Das heißt aber nicht, dass wir andere, nicht-wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht beachten.
Hat die Stadt versäumt, rechtzeitig zu renovieren und so einen Sanierungsstau zu verhindern?
Wir hatten einen Schulstandortplan, der bis 2015 gültig war. Da war es vernünftig, abzuwarten, wie die langfristige Planung aussieht und zu schauen, wo es sinnvoll ist, aktiv zu werden.
Auch zwei Sportvereine und ein Ortsamt wären von einer Schulschließung betroffen. Trotzdem hat das Sportressort nicht mal einen Vertreter in die Beiratssitzungen geschickt. Fühlen Sie sich als Bildungsbehörde allein gelassen?
Es steht mir nicht zu, das Handeln der anderen Ressorts zu beurteilen. Ich bin aber überzeugt, dass die Beiräte weiter auch an die Senatorin für Soziales und Sport herantreten werden. Wir sehen aber durchaus, dass die Frage der Standortschließung in einem Gesamtkontext gesehen werden muss.
Sind Bildungsbehörde und Baubehörde im Gespräch? Schließlich hat eine Schulschließung auch Auswirkungen auf die Stadtteilentwicklung.
Wenn in Strom jetzt tatsächlich ein Neubaugebiet ausgewiesen werden würde, müssten wir darauf natürlich Rücksicht nehmen. Sollten wir Kenntnis davon erhalten, hat das Einfluss auf die Schulstandortplanung. Man muss jetzt das Gespräch mit den Senatsressorts suchen. Deshalb ist es auch richtig, dass die Beiräte eine Planungskonferenz einberufen wollen. Dort setzen sich alle Beteiligten zusammen und legen alle Argumente auf den Tisch.
Die prognostizierten Sanierungskosten sind höchst umstritten. Die Bürger halten die geplanten Maßnahmen teils für unnötig, teils für überteuert.
Man wundert sich schon: 600.000 Euro für eine neue Toilette in Strom sind ein ambitionierter Preis. Da fragt man sich mit Fug und Recht, ob die angedachte architektonische Veränderung tatsächlich nötig ist. Aber genau das wird auch Gegenstand der Planungskonferenz sein. Dort wird auch Immobilien Bremen dabei sein und dort werden vielleicht auch andere Lösungen besprochen.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Beteiligungsverfahren in den Bremer Beiräten läuft noch bis zum 21. Juni. Bis dahin positionieren sie sich. In Seehausen und Strom ist absehbar, dass sich der Beirat nicht positionieren kann. Deshalb wird es dort die Planungskonferenzen geben, die vermutlich erst nach den Sommerferien beginnen. Es kann sein, dass ein längerer Planungsprozess auf uns zukommt, bevor wir dann eine Vorlage für die Bildungsdeputation vorlegen.
Zur Person
Michael Huesmann (55) hat früher als Lehrer für Deutsch und Philosophie in Niedersachsen gearbeitet, bevor er 2004 ans Gymnasium Horn wechselte. Gleichzeitig war er damals schon in verschiedenen Funktionen in der Bildungsbehörde tätig, unter anderem als Leiter des Büros der ehemaligen Senatorin Eva Quante-Brandt. Seit 2015 leitet er die Abteilung Bildung.