Ob bei CSI:Miami, im Tatort oder in Wirklichkeit – Rechtsmediziner geben oft wertvolle Hinweise, wenn es darum geht, Tötungsdelikte aufzuklären. Allein im Bremer Institut für Rechtsmedizin hat die Staatsanwaltschaft in diesem Jahr bereits 90 Leichenöffnungen durchführen lassen.
„Davon entpuppen sich aber viele als natürlicher Tod“, sagt Institutsleiter Dr. Olaf Cordes. Fünf bis sechs echte Tötungsfälle landen jedes Jahr allerdings trotzdem auf dem Seziertisch.
Sensation: Bremer Rechtsmedizin bleibt erhalten
Dass diese Untersuchungen auch weiterhin von Bremer Rechtsmedizinern durchgeführt werden, ist eine Sensation. Denn eigentlich sollte das Haus zum Jahreswechsel geschlossen werden.
Hintergrund: Die Bremer Rechtsmedizin finanziert sich zu einem nicht unerheblichen Teil auch dadurch, dass sie hoheitliche Aufgaben der Gesundheitsbehörde übernimmt. Cordes und sein Team kontrollieren zum Beispiel alle Totenscheine, die in Bremen ausgestellt werden und führen die vorgeschriebene letzte Leichenschau kurz vor der Einäscherung durch. Rund 6.500 Feuerbestattungen gibt es jedes Jahr – viel zu tun für die neun Mitarbeiter des Instituts.
Ex-Senator wollte mit Hamburger zusammenarbeiten
Als der ehemalige Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse 2014 ankündigte, ab 2015 mit einem Hamburger Institut zusammenarbeiten zu wollen, standen die Jobs der Bremer Rechtsmediziner auf der Kippe.
Ohne die von der Stadt verliehenen, hoheitlichen Aufgaben hätte sich die Rechtsmedizin nicht mehr gelohnt. „Das hätte uns die wirtschaftliche Grundlage entzogen“, sagt Karen Matiszick, Sprecherin des Klinikverbunds Gesundheit Nord, der auch die Rechtsmedizin organisiert.
Bremer Konzept überzeugte
Als auch noch Rechtsmediziner aus Hannover um die Aufträge aus Bremen buhlten, verzögerte sich die Neuvergabe. Schließlich reichte Cordes, inzwischen kommissarischer Leiter des Instituts in Bremen, ein eigenes Konzept ein. Mit Erfolg: „Wir wollten von Anfang an alle Aufgaben in einer Hand und das Konzept hat uns überzeugt“, sagt Christina Selzer, Sprecherin des Gesundheitsressorts.
Jetzt steht das inzwischen 22 Jahre alte Institut vor großen Veränderungen. Bremen will die qualifizierte Leichenschau einführen. Das befürwortet auch Cordes. „Jetzt ist noch jeder Humenmediziner berechtigt, eine Leichenschau durchzuführen“, erklärt der 46-Jährige.
Bremen will qualifizierte Leichenschau einführen
„Das kann theoretisch sogar ein Augenarzt sein, der seit seinem Studium keine Leiche mehr gesehen hat.“ Viele Kollegen haben seiner Meinung nach aber nicht die nötige Erfahrung. Die Folge: Tötungsdelikte blieben unentdeckt.
Damit künftig nur noch entsprechend fortgebildete Ärzte die qualifizierte Leichenschau durchführen dürfen, muss das Gesetz über das Leichengewesen geändert werden. Daran arbeitet das Gesundheitsressort gerade. Zum 1. April 2017 soll es in Kraft treten, sagt Selzer.
Das könnte auch für mehr Arbeit im Institut für Rechtsmedizin sorgen. Je nach Umsetzung müssten dann sogar neue Mitarbeiter eingestellt werden. Die dürfen dann gern so flink sein wie Prof. Boernes Mitarbeiterin Silke „Alberich“ Haller aus dem Münsteraner Tatort – der einzigen Krimiserie, die Cordes regelmäßig guckt. „Was Boerne mit nur einer Mitarbeiterin leisten kann, finde ich phänomenal“, sagt er lachend.