Wer durch den Bremer Hauptbahnhof geht, kann sich jetzt schon ein wenig wie ein Filmstar fühlen – oder auch beobachtet: 88 Kameras filmen rund um die Uhr, fast jeder Winkel ist erfasst. Auf dem Vorplatz ist die Überwachung bisher noch deutlich übersichtlicher – nur eine einzige Kamera ist dort angebracht.
Dabei gilt gerade der Bahnhofsvorplatz als Kriminalitätsschwerpunkt. Die Polizei glaubt: Mit zusätzlichen Kameras an Brennpunkten könnten Straftäter abgeschreckt werden. Im Gespräch sind neben dem Platz am Hauptbahnhof auch die Diskomeile, der Hillmannplatz, sowie der Vorplatz am Bahnhof Vegesack.
Umfrage: Was halten Bremer von mehr Videoüberwachung?
Insgesamt zeigt sich bei den befragten Bremern eher die Tendenz, Videoüberwachung unter bestimmten Umständen gutzuheißen. Karolina Pfeiffer etwa würde sich über mehr Kameras am Hauptbahnhof freuen: „Es ist traurig, aber ich fühle mich mit einfach sicherer – gerade hier, wo so viele Dealer stehen“, sagt sie.
Höheres Sicherheitsgefühl durch Kameras
„Es wäre besser für die Sicherheit. Kameras sind gut im öffentlichen Raum“, findet auch Mike Adam aus Bremen-Nord. „Ich sehe dabei keinen Eingriff in die Privatsphäre, da wir uns vor dem Bahnhof in der Öffentlichkeit aufhalten.“
Lara Hilbrecht, ebenfalls aus Bremen-Nord, fährt regelmäßig auch abends mit den Bussen am Bahnhofsvorplatz in Vegesack ab. Auch sie findet die Idee, Kameras zur Überwachung einzusetzen, gut: „Ich fahre öfters abends hier lang und manchmal trifft man auf dem Bahnhofsvorplatz komische Gestalten. Ich würde mich viel wohler fühlen, wenn es besser überwacht wäre“, sagt Hilbrecht.
Überwachung vor allem an öffentlichen Plätzen
Klare Gegner der Videoüberwachung finden sich nicht viele. Wichtig ist aber den meisten, wo genau die Überwachung stattfindet – und in welchem Umfang: „In den Straßen finde ich Kameras übertrieben“, sagt etwa Joschka Cors. „Aber an öffentlichen Plätzen, wo Menschen dauerhaft verkehren – dort, wo es Konfliktpotential gibt –, kann Überwachung sinnvoll sein.“
„Das ganze hat Vor- und Nachteile, man muss wissen, wann Kameras angebracht sind“, findet auch Jennifer Marquardt. „Wenn sie auf öffentlichen Plätzen der Sicherheit dienen, ist es Ok. Aber die Privatsphäre darf nicht überwacht werden.“
Technische Grenzen der Überwachungskameras
„In geregeltem Maß habe ich nichts dagegen und fühle mich nicht beobachtet“, sagt auch Semen Chepurnoy. „Ich war aber mal in London, da ist an jeder Ecke eine Kamera – das ist dann schon extrem.“
Er betont auch die technischen Grenzen: „Man muss auch fragen, was Videoüberwachung bringt: Die Kameras müssen stundenlang aufnehmen, da ist natürlich das Material nicht so hoch aufgelöst. Oft sind Bilder zu unscharf.“
„Heut wird man sowieso überall überwacht“
Mit dieser Position ist Chepurnoy nicht allein. Auch Herbert Bramlage glaubt, dass Täter nur selten im Nachhinein aufgrund von Videobildern gefasst werden können. Davon, dass Videoüberwachung etwas bringen kann, ist er aus Erfahrung dennoch überzeugt: „Selbst Kameraattrappen sorgen schon für weniger Kriminalität – sie schrecken Täter ab.“
Mehr Überwachung steht er ansonsten gelassen gegenüber. „Heute wird man sowieso überall überwacht, auf dem Betriebsgelände, im Bahnhof., im Parkhaus… Ob also auf einer öffentlichen Kreuzung noch eine Kamera dazukommt, ist dann auch schon egal.“
Schließlich findet sich doch noch ein eindeutiger Gegner: „Es ist so klar, dass Videoüberwachung nichts bringt“, sagt Jan-Christoph Koberg. „Das Ganze ist reiner Aktionismus, da wollen Politiker zeigen, dass sie irgendwas tun. Aber mehr Sicherheit schaffen sie damit nicht.“