Sebastian Dannenberg ist Maler. Das ist keine Selbstverständlichkeit: Auf den ersten Blick wirkt das Atelier des Kunststipendiaten in der Mühle in Heiligenrode eher wie das eines Bildhauers – eine Art Wellpappe aus Metall ragt aus der Wand in den Raum, ein leerer Konstruktionsrahmen wartet noch darauf, mit Buchstaben beklebt zu werden und an einer Seite stehen Holzplatten, denen Dannenberg mit kleinen Holzleisten eine Beugung angeleimt hat.
Bei Dannenberg dehnt sich Malerei in den Raum
Darauf angesprochen muss der Stipendiat der Künstlerstätte Heiligenrode ein wenig lachen. „Ich sehe mich trotzdem als Maler, schließlich bemale ich all diese Flächen ja“, sagt der 36-Jährige. „Für mich ist aber immer wichtig, dass die Bilder sich dem Raum anpassen, in dem sie gezeigt werden. Ich dehne die Malerei praktisch in Richtung des Raumes.“
Er streicht über den kleinen Bogen, den das Holz macht. „Die Rundung unterstützt die Malerei. Durch den Schattenwurf wird die Fläche später unterschiedliche Farben haben, obwohl sie eigentlich monochrom ist.“
Bewusstsein für die eigene Kunst musste erst wachsen
Dannenberg liebt solche Überlegungen – und er mag es, seine Kunst zu erklären. Nicht umsonst will er für den Ausstellungskatalog, den er von der Gemeinde im Rahmen des Stipendiums finanziert bekommt, mit drei Kunsthistorikerinnen Gespräche über Kunst führen, sich von ihnen interviewen lassen.
Dieses Bewusstsein gegenüber der eigenen Arbeit hatte er nicht immer. „Ich mach ja ganz schön spröden Krempel. Als junger Künstler hat man da sicher eine Phase, in der man sich mit seiner Kunst erst mal nicht in die Öffentlichkeit traut. Eine Phase, in der man seine Werke erst mal beschützen will vor dem Urteil von Kunstexperten, die von allem Ahnung haben“, überlegt er. „Aber je mehr man selber weiß, was man für Kunst macht und was das bedeutet, desto mehr vergeht das.“
Fußleisten, Rückseiten und Provisorisches: Kunst mit Ironie
Dannenberg sieht sich als ironischen Künstler. In seiner Ausstellung „Deep, down and dirty“ war das Hauptwerk eine rot angemalte breite Fußleiste, die sich durch die Ausstellungsräume zog.
Gerne spielt er auch damit, das eigentliche Bild auf die Wand deuten zu lassen, statt in Richtung des Betrachters – so wie bei seinen Buchstabenkonstruktionen, die man nur von hinten sehen kann. Und seine meist einfarbigen Bilder zeigen oft breite, unstete Pinselstriche, wie hingewischt.
Perfektionist des Provisorischen
Sein Professor habe ihm einmal gesagt, er solle sich dieses Provisorische erhalten. Auf den ersten Blick ist Dannenberg dabei auf einem guten Weg. Doch seine selbstgebauten Malflächen aus Metall oder Holz werden immer genauer, er selbst wird als Handwerker immer besser.
Und auch ein Lackspritzer an der falschen Stelle macht für ihn ein Bild kaputt. „Das muss ich restaurieren“, sagt er mit Blick auf ein Bild aus Pinselstrichen, bei dem ein Außenstehender erst einmal kein „richtig“ oder „falsch“ erkennen würde. Eigentlich wirkt der provisorisch arbeitende Dannenberg eher doch wie ein Perfektionist – ein Perfektionist des Provisorischen, vielleicht.
Erfolg auf dem Kunstmarkt bedeutet knallharte Arbeit
Dannenbergs Art zu arbeiten kommt durchaus an. Eine Galerie in Köln stellt den Maler mittlerweile dauerhaft aus. Und aktuell muss der Stipendiat drei Ausstellungen vorbereiten, die im März in Brüssel, Hamburg und London eröffnen.
Freie Zeit hat Dannenberg daher momentan wenig. „Kunst, das ist nicht nur Spielerei, das ist knallharte Arbeit. Ich muss Kontakt zu Galeristen halten, Ausstellungen vorbereiten, Buchhaltung führen. Und daneben habe ich noch Familie“, sagt der Vater zweier Kinder.
Ottersberg eine Großstadt gegen Heiligenrode
In der Mühle in Heiligenrode wohnt der Künstler nun seit drei Monaten. „Heiligenrode ist schon sehr ruhig, dagegen ist meine Wahlheimat Ottersberg eine Großstadt“, sagt der Künstler. „Aber irgendwie tut es mir auch ganz gut, hier zu sein: Ich kann mich fokussieren. Der Bäcker ist gut. Und mit dem Auto bin ich über die Autobahn rüber ganz schnell bei Real und, ganz wichtig: Bei Bauhaus.“
Für seine Abschlussausstellung im August hat Dannenberg mittlerweile schon eine Idee. Details will er noch nicht verraten, aber: „Der Raum wird sich auf jeden Fall massiv verändern.“ Die normalen Wege der Raumbesucher sollen dabei gestört werden – es geht um Malerei, die sich dem Betrachter in den Weg stellt.