Harry Callan, 94, reiste, wie in den vergangenen Jahren nach Blumenthal, um den zwölften Gedächtnislauf zu starten. Doch vorher wurde er noch zum Paten der Oberschule an der Egge ernannt und seine kürzlich erschienene Biographie „Forgotten Hero of Bunker Valentin: A Harry Callan Story“ wurde vorgestellt.
Der einzig noch lebende irische Zwangsarbeiter
Die Biographie ist von seiner Schwiegertochter Michèle Callan verfasst worden. Ihr war zunächst nicht bewusst, dass aus den Erzählungen ihres Schwiegervaters ein Buch entstehen würde.
Der Ansporn seine Geschichte zu erzählen, sei die Tatsache gewesen, dass er der einzig noch lebende der 32 irischen Zwangsarbeiter vom Bunker Valentin ist. Keiner der anderen Zwangsarbeiter hatte je über seine Geschichte gesprochen, erzählte Michèle Callan.
Der vergessene Held
Harry Callan wurde 1923 in Derry, Nordirland, geboren. Als er mit 14 Jahren die Schule verlies, gab es keine Arbeit für ihn. Durch eine Bekanntschaft seines Vaters konnte Harry mit 15 einen Ausbildungsplatz in Wales antreten. Jedoch wurde ihm erst bei seiner Ankunft in Wales bewusst, dass er eine Ausbildung bei der britischen Handelsmarine machen und zur See fahren würde.
Im Alter von 17 wurde sein Schiff von der deutschen Kriegsmarine angegriffen. Er und über 70 weitere Iren wurden gefangen genommen. Zunächst auf mehreren Schiffen der deutschen Marine inhaftiert, durchläuft er auch mehrere Gefangenenlager bis er und 31 weitere Iren nach Farge geschickt werden. Grund dafür war, dass sich die 32 Kriegsgefangenen weigerten, freiwillig für das Deutsche Reich zu arbeiten.
Harry Callan beantwortete Fragen der Schüler
Schüler des zwölften Jahrgangs der Oberschule an der Egge hatten die Möglichkeit Harry Callan einige Fragen zu stellen. Ein Schüler fragte ihn, wann er das erste Mal wieder am Bunker in Farge war. Harry Callan erzählte daraufhin, dass er schon 1952 wieder nach Bremen und Hamburg kam – auf einem Schiff. So fuhr er auf der Weser am Bunker vorbei.
Er besuchte auch Freunde in Farge. Doch zum Bunker wollte er nie. Er erzählt weiter, dass er erst 2005 zum Bunker ging, als seine Stimme bricht. Beim Anblick des Bunkers sei er in Tränen ausgebrochen. „I cried my heart out“, sagt Harry Callan weiter.
Seine Schwiegertochter erläutert daraufhin, dass er seit 2005 jedes Jahr den Bunker besuche. Und jedes Jahr würde es für ihn leichter werden. Seine Geschichte sei nun in einem Buch festgehalten und die nächsten Generationen könne sich so an die Greueltaten des NS-Regimes erinnern.
„Schule ohne Rassismus“
Für das Engagement, das die Oberschule an der Egge erbringt, erhielt sie an diesem Tag auch offiziell den Titel „Schule ohne Rassismus“. Thomas Köcher von der Landeszentrale für politische Bildung übergab die Urkunde an Schulleiter Andreas Kraatz-Röper. Damit ist die Oberschule an der Egge die 35. Schule im Bundesland Bremen, die diesen Titel trägt. Besonders daran sei jedoch, dass die Oberschule kein Konzept für den Erhalt des Titels entwickeln musste. „Ihr bisheriges Engagement reichte dafür aus“, so Köcher.
Schüler schossen Selfies mit Callan
Während einer Unterbrechung konnten Schüler und Anwesende die Biographie erwerben. Gerade Schüler nutzten die Gelegenheit, dass Buch von Michèle und Harry Callan signieren zu lassen. Auch Selfies mit Harry wurden geschossen.
Das Buch ist in englischer Sprache im Handel erhältlich. Bislang ist noch unklar, wann es in Deutsch erscheinen wird.