65 Meter beziehungsweise 21 Geschosse hoch, 189 Wohnungen, fast 8.000 Quadratmeter Wohnfläche und im Laufe der Jahre das Zuhause für hunderte Menschen: Das 1961 in der Neuen Vahr fertiggestellte Aalto-Hochhaus könnte sicherlich viele Geschichten erzählen. Es erzählt vor allen Dingen aber auch ein Stück Bremer Baugeschichte.
Dabei war in der Nachkriegszeit zunächst der in weiten Teilen zerstörte Bremer Westen für Stadtplaner spannend. „Für sie war das eine Chance, die Stadt komplett neu aufzubauen“, sagt Prof. Eberhard Syring, wissenschaftlicher Leiter des Bremer Zentrums für Baukultur. „Durch die Kriegszerstörung und den Zuzug von Flüchtlingen gab es einen ungeheuren Wohnungsbedarf.“
Bis zu 50.000 lebten in Kaisenhäusern
Bis heute hat das Spuren hinterlassen. Auf den Erlass von Bürgermeister Wilhelm Kaisen, der wegen der Wohnungsnot das Leben in Kleingartenanlagen erlaubte, berufen sich bis heute einige Bremer. In den ersten Jahren waren es bis zu 50.000 Bremer, die in „Kaisenhäusern“ lebten. Ohne Schulen und Einkaufsmöglichkeiten, stattdessen unter schwierigen hygienischen Bedingungen.
Deshalb mussten neue Wohnungen her. Der Bremer Westen bekam in den 1950er-Jahren ein völlig neues Straßenraster. „Funktionstrennung“ war bei der Planung der Kerngedanke: Die Linie Hans-Böckler-Straße- und Nordstraße sollte das Hafen- vom Wohngebiet trennen. „Die industrielle Stadt der Gründerzeit mit Fabriken mitten im Wohngebiet war damit vorbei“, sagt Syring.
Bremen entwickelte sich zur Boomtown
Schon zehn Jahre nach Kriegsende waren 60.000 Wohnungen wieder aufgebaut worden – fast so viele wie zuvor zerstört worden waren. Eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt brachte das allerdings nicht.
„Bremen entwickelte sich zur Boomtown“, sagt Syring. Am Hafen und in den Automobilwerken gab es zahlreiche Arbeitsplätze, genauso in der Genussmittelbranche. Das „Gesetz zur Behebung der Wohnungsnot im Land Bremen“ förderte den Bauboom.
Mehr als 1.500 Neubremer pro Monat
Jedes Jahr sollten 8.000 Wohnungen in der Stadtgemeinde und 2.000 Wohnungen in Bremerhaven gebaut werden – und das vier Jahre lang.
Die Stadt wuchs und wuchs. 1956 kamen jeden Monat 1.500 Menschen als Neubürger ins kleinste Bundesland. Deshalb sollte in der Neuen Vahr auf 218 Hektar die „Stadt der Zukunft“ gebaut werden.
Sie galt als damals größtes Siedlungsprojekt Europas. Innerhalb von fünf Jahren entstand Wohnraum für 30.000 Menschen – unter anderem im eingangs erwähnten Aalto-Hochhaus. Vieles, was in diesen Jahren in Bremen gebaut wurde, war hingegen aber eher „Dutzendware“ als Leuchtturmprojekt.
850.000 Einwohner bis zum Jahr 2000 erwartet
Doch der Platz in Bremen wurde knapper. „Man wollte dichter bauen, weil man davon ausging, dass das Urbanität erzeugt“, sagt Syring. Es entstanden deutlich dichter bebaute Siedlungen in Blockdiek, Kattenturm, Tenever oder mit der Grohner Düne auch in Vegesack. Damals rechnete man in Bremen schließlich noch mit 850.000 Einwohnern bis zum Jahr 2000.
Im Gespräch war in den 1960er-Jahren sogar eine Satellitenstadt im Hollerland. 50.000 Einwohner hätten dort ein Zuhause finden können. Das Projekt ging aber schon im sogenannten Bauland-
skandal unter, bevor überhaupt das erste Haus gebaut werden konnte.
Senat stoppte Großprojekt 1973
Stattdessen begannen die Bauarbeiten in Tenever für 4.500 Wohneinheiten. Die Öffentlichkeit kommentierte die Pläne am Stadtrand durchaus kritisch als „Manhattan auf der Wiese“. Der Bevölkerungszuwachs stagnierte derweil – und der Senat stoppte das Großprojekt 1973 nach der ersten Stufe mit rund 2.500 Wohnungen.
„Mitte der 70er-Jahre gab es keinen Bedarf mehr an Großwohnanlagen“, resümiert Syring. Stattdessen zogen viele ihrer Bewohner ins niedersächsische Umland, in dem auch damals das eigene Häuschen deutlich erschwinglicher war. Mit Baugebieten am Stadtrand wie etwa in Borgfeld oder Brokhuchting versuchte der Senat entgegenzuwirken.
„Dass es anders läuft als geplant, ist ein ständiges Problem der Stadtplanung“, sagt Syring. „Und Wohnbedürfnisse sind immer ambivalent.“ Menschen wollen am liebsten im Grünen wohnen und gleichzeitig die Vorzüge der City genießen. Das beschäftigt Politik und Stadtplaner auch heute noch genauso wie in den vergangenen 70 Jahren.
Könnten Sie uns das Bild „Die Wohnanlage in Tenever wurde nie vollendet. Im Volksmund hieß sie verächtlich „Manhattan auf der Wiese“. Foto: Franz Scheper“ für ein Jubiläumsbuch für unseren Kunden Hagos eG zum 100jährigen Jubliäum 2019 zur Verfügung stellen oder eine Info geben wo dieses Bild her war.
Guten Tag Frau Schumacher,
Unseres Wissens nach stammt das Bild aus diesem Buch: https://www.amazon.de/Bremen-Franz-Scheper/dp/B003CA80KW
Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit weiterhelfen.