Die Bildhauerin Wittmute Malik gestaltete das Mahnmal in Obernheide. Es erinnert an das Lager des Außenkommandos Obernheide. Foto: Schlie
Stuhr

Stuhrer spazieren in die Vergangenheit

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Bis 1945 befand sich ein Arbeitslager für jüdische Frauen an der Obernheider Straße in Stuhr. Schüler der KGS Moordeich planen einen Spaziergang zum Mahnmal, um an die Vergangenheit zu erinnern.

Auf einer Fläche mit braunem und grauem Kies stehen in Obernheide 60 Steine, die in acht Reihen zusammengefügt sind. „Viele junge Menschen fahren täglich auf dem Weg zum Silbersee daran vorbei, kennen aber nicht die Bedeutung der Steine“, sagt der Stuhrer Bürgermeister Niels Thomsen.

Vor über 70 Jahren stand an diesem Ort das Außenkommando Obernheide des Konzentrationslagers Neuengamme. 500 ungarische und 300 polnische Jüdinnen lebten in den Baracken.

Von dem Lager ist heute nichts mehr zu sehen. Nur die Steinskulptur der Bildhauerin Wittmute Malik und eine Gedenktafel erinnern an die einstigen Verbrechen.

Die KGS Moordeich organisiert den Gedenkgang

Damit die Bedeutung des Ortes nicht in Vergessenheit gerät, organisiert die Kooperative Gesamtschule Stuhr-Moordeich (KGS) mit den zehnten Klassen von Gymnasium und Realschule sowie der neunten Hauptschulklasse seit zehn Jahren einen Gedenkgang zum Mahnmal.

Rund 150 Schüler sowie Bürger laufen am 22. November vom alten Bahnhof Stuhr nach Obernheide. „Die Frauen des Arbeitslagers mussten jeden Tag diese Strecke zurücklegen“, sagt Ursula Bajus, Leiterin des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften an der KGS.

Zu Fuß nach Bremen

Schlecht gekleidet und ohne festes Schuhwerk fuhren die Frauen laut Bajus auch im Winter mit dem Zug nach Bremen, um die Trümmer wegzuräumen. Als die Hansestadt unter Bombenbeschuss geriet, durften die Jüdinnen keinen Bunker aufsuchen und mussten teilweise zu Fuß von Stuhr nach Bremen laufen.

„Ich kann mir heute gar nicht vorstellen, wie das möglich ist“, sagt Bajus. „Die Schüler sind schon nach dem Weg vom Bahnhof zum Mahnmal erschöpft.“ Frauke Wulf von der Gemeinde Stuhr stimmt ihr zu: „Heute haben wir immerhin gute Sohlen und Schuhwerk.“

Einige Tage vor dem Marsch hält die Schule eine Informationsveranstaltung im Foyer ab. Den Schülern wird erklärt, welche Bedeutung der Ort hat. Am Ausflugs­tag selbst haben die Schüler keinen Unterricht. „Sie sollen sich komplett auf das Mahnmal konzentrieren“, sagt Bajus.

„Viel nachvollziehbarer“

Die Fachbereichsleiterin und die Lehrerin Nina Bernard haben in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen mit der Aktion gemacht. „Ich bin immer wieder überrascht, wie gut die Schüler das Thema Nationalsozialismus aufnehmen“, sagt Bernard. „Es ist das erste Mal, dass sie außerhalb des Unterrichts mit dem Thema konfrontiert werden.“

Der Gang soll laut Lehrern aber nichts Schulisches haben. Aus diesem Grund laden sie auch die Bürger aus Stuhr und dem Umland sowie den Bürgermeister ein, an dem Gang teilzunehmen. „Das Mahnmal liegt direkt vor unserer Haustür“, sagt Bajus. „Die Schüler laufen den gleichen Weg wie damals die Jüdinnen. Da ist alles viel nachvollziehbarer.“

Treffpunkt: Alter Bahnhof

Der Gedenkgang zum Mahnmal Obernheide beginnt am morgigen Mittwoch um 11 Uhr am alten Bahnhof. Ab 11.45 findet eine Gedenkfeier am Mahnmal statt.

Ende der Veranstaltung ist voraussichtlich um 12.15 Uhr. Busse für den Rückweg stehen bereit. Die Obernheider Straße wird am Denkmal gesperrt.

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