Tragischer Fall: Führerscheinverlust auch ohne Punkte

Von
Auch wer noch nie in eine Verkehrskontrolle
geraten ist und keine Regeln bricht,
kann seinen Führerschein verlieren. Foto: WR

Dass man seinen Führerschein verliert, wenn man beispielsweise viel zu schnell oder bei Rot fährt, ist bekannt. Doch man kann seinen „Lappen“ auch für etwas abgenommen bekommen, was gar nichts mit dem eigenen Verhalten im Straßenverkehr zu tun hat.

Klaus-Dieter Fromme beispielsweise kämpft seit 2006 darum, seine Fahrerlaubnis wiederzuerlangen: „Und das obwohl ich seit 1960 rund zwei Millionen Kilometer gefahren bin, null Punkte in Flensburg und die niedrigste Schadenfallklasse habe .“

Verloren hat der 74-Jährige seinen Führerschein, als er wegen eines verweigerten Bußgeldes in Beugehaft genommen werden sollte. Dabei erwähnte er gegenüber den Beamten, dass er schon mal einen Herzinfarkt erlitten hat. Daraufhin wendet sich die Polizei an das Stadtamt, äußert Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des ehemaligen Wirtschaftsberaters. Das Stadtamt fordert daraufhin den Kattenescher auf, ein Gutachten eines Facharztes beizubringen. Fromme widersetzt sich erneut. Folge: Die Behörde entzieht gemäß Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) Fromme den Führerschein gebührenpflichtig.

„Kritik an Staatssystem Anhaltspunkt für Gesundheitsstörung“

Was folgt ist ein juristisches Hickhack über Jahre. Als Fromme 2013 schließlich ein medizinisches  Gutachten beibringt, welches bestätigt, dass „aktuell keine Hinweise auf Einschränkung der Fahrtauglichkeit vorliegen“, ändert das Stadtamt nicht seinen Standpunkt, sondern die Begründung.
So seien nun die von Fromme eingereichten Schriftsätze, in denen er heftige Kritik an Politikern und Richtern übt sowie die Legitimation der Bundesrepublik in Frage stellt, Anhaltspunkte für eine die Fahreignung beeinträchtigende Gesundheitsstörung.

Ein psychologische Untersuchung lehnt er ab,  klagt vor dem Verwaltungsgericht und scheitert. Begründung: Er habe Untersuchungen verweigert und Fristen nicht eingehalten.

Der pensionierte Polizeiamtsrat Günter Völker, der Fromme mittlerweile rechtlich beisteht, hält das für einen Skandal. Dabei stützt sich  dieser auf die sogenannte  Anlassbezogenheit. Demnach hat Fromme keinerlei Anlass dafür gegeben, seine Fahrtüchtigkeit anzweifeln zu können. „Das ist Behördenwillkür gegenüber einem unliebsamen Bürger. Ob er die Bundesrepublik als GmbH bezeichnet, ist hierbei irrelevant“, so Völker.

In Grenzfällen ist der Willkür Tür und Tor geöffnet

Das sieht auch der Fachanwalt für Verkehrsrecht und Syndikus des ADAC Weser-Ems, Frank-Roland Hillmann, so: „Die Äußerung derartiger Behauptungen ist kein Grund für den Entzug des Führerscheins und kein begründeter Zweifel an der Fahreignung.“ Zwar befürworten er und der ADAC grundsätzlich die Fahreignungsüberwachung und die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU), aber „die konkrete Ausgestaltung der FeV öffnet in Grenzfällen der Willkür Tür und Tor. In einer solchen Situation gilt es, sofort einen Fachanwalt zu Rate zu ziehen und, auch wenn man im Recht ist, alle Fristen und Auflagen einzuhalten. Sonst können einem die Behörden das Leben wirklich schwer machen.“

Hätte Fromme einen Eilantrag am Verwaltungsgericht gleich bei der ersten Entzugsanordnung gestellt, hätten die Chancen gut gestanden, dass die Sache sofort erledigt gewesen wäre. Die zuständige Innenbehörde will sich indes aus Datenschutzgründen dazu nicht äußern.

„Fraglich, ob Ermessen richtig angewendet wurde“

Mittlerweile hat Fromme Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt. Der Bremer Rechtsanwalt Olaf Hess rechnet ihm dabei gute Erfolgschancen aus: „Es ist in der Tat fraglich, ob die Behörden hierbei das Ermessen richtig angewendet haben.“ Aber: „Das wird ein steiniger Weg. Mit einem Urteil ist frühestens in 2,5 bis drei Jahren zu rechnen.“

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner