Handy am Steuer, das wird teuer. Nicht teuer genug, wenn es nach Verkehrspsychologe Thomas Pirke geht. Foto: Schlie
Zeichen unserer Zeit

Handy am Steuer: Ein Zeichen unserer Zeit

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Nach dem "erschreckenden Ergebnis" einer Bremer Polizeikontrolle am vergangenen Mittwoch: Warum trotz Verbot die Hälfte aller Autofahrer am Steuer das Handy benutzt. Ein Bremer Verkehrspsychologe klärt auf.

Die Polizei Bremen bezeichnet das Ergebnis als „erschreckend“: Bei einer Kontrolle am vergangenen Mittwoch erwischten sie mehr als die Hälfte der Fahrer mit Handy am Steuer. Der Bremer Verkehrspsychologe Thomas Pirke erkärt, was im Kopf solcher Verkehrsteilnehmer vor sich geht.

Er sieht das Verhalten als Zeichen unserer Zeit: „Nichts verpassen, ständig erreichbar sein, unbändige Neugier – der Einfluss des Handys auf den Menschen lässt sich hier gut beobachten. Es gleicht einer Sucht.“ 

„Man hat das Gefühl, die Leute halten sich an die Regeln“

Auch die scheinbar völlige Abwesenheit von Angst vor Unfällen fußt laut Pirke auf einem grundlegenden Prinzip des menschlichen Verhaltens: der Lernerfahrung. „Wer keine negativen Konsequenzen für sein Verhalten bekommt, der macht einfach weiter.“ 

Muss es also erst knallen? Pirke: „Da gibt es durchaus andere Möglichkeiten.“ Aufklärung und verkehrspsychologische Beratung, etwa. Und auch wenn Strafen kein Allheilmittel seien, lohne sich ein Blick in andere EU-Länder, die Schweiz und die Niederlande, zum Beispiel.

„Dort greifen die Behörden härter durch, als bei uns. Man hat das Gefühl, die Leute halten sich an die Regeln“, so Pirke. Eine Anhebung des Strafmaßes hält er für angebracht. Auch regelmäßige Kontrollen seien ein Mittel, um Fahrer zu sensibilisieren – aber auch um Druck aufzubauen. „So zeigen wir als Gesellschaft: Ein solches Verhalten wird nicht toleriert“, sagt Pirke.

Ablenkung am Steuer tödlicher als Alkohol

Und weiter: „Wir müssen gar nicht über die Gefahren eines solchen Verhaltens sprechen, allein eine Sekunde bei 50 Stundenkilometern nicht auf die Straße zu schauen, reicht für 14 Meter Blindflug.“

Wer sein Handy während der Fahrt bedient, steigere die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls um das zehn- bis zwölf-Fache. Das Doppelte, wenn nur telefoniert wird. „Ablenkung sorgt für mehr tödliche Unfälle als Alkohol am Steuer“, resümiert Pirke. Verstöße werden mit 100 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg geahndet.

Weitere Kontrollen angekündigt

Dennoch: Rund die Hälfte aller deutschen Autofahrer ignoriert das Handy-Verbot am Steuer, so der Psychologe. Und auch die Bremer Polizei-Kontrolle zeigt: Offenbar fruchten weder Sanktionen, noch die deutlich höhere Gefahr, im schlimmsten Fall sein eigenes und das Leben anderer zu beenden.

Für die kommenden Wochen hat die Polizei weitere Kontrollen in Bremen angekündigt.

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