Weser Report: In letzter Zeit kam es vermehrt zu Badeunfällen. Wie viele Einsätze hat die DLRG Bremen in diesem Jahr absolviert?
Philipp Postulka: Die Zahl der Einsätze ist in diesem Jahr besonders hoch. Zu den fünf Badetoten (Anmerkung der Redaktion: Der Unfall am Werdersee mit dem sechsten Badetoten des Jahres war zu Zeitpunkt des Interviews noch nicht passiert) kommen noch neun Einsätze, bei denen lebensrettende Maßnahmen angewandt wurden.
Woran liegt es, dass die Einsatzzahlen so hoch sind?
Es ist ein gefährlicher Trend zu beobachten. Die Aufmerksamkeit der Leute lässt immer mehr nach. Verhaltensweisen, die eigentlich grundsätzlich bekannt sein müssten, werden immer weniger eingehalten.
Zum Beispiel?
Erst kürzlich hatten wir einen Einsatz auf dem Sodenmattsee in Huchting. Ein Schlauchboot kenterte, die beiden Insassen schafften es gerade noch so, sich über Wasser zu halten. Sie hatten ein kleines Mädchen dabei, das mitten auf dem See trieb. Zum Glück konnten wir es rechzeitig retten. Leichtsinnige Entscheidungen wie diese gibt es leider immer öfter. Auch die Achtsamkeit an den Badestränden nimmt ab. Es passiert immer häufiger, dass sich Leute an herumliegendem Müll, Scherben oder Grillkohle verletzen.
Am Café Sand ertrank letzte Woche ein vierjähriger Junge in der Weser. Wie sind solche Unfälle zu erklären?
Unabhängig von diesem traurigen Unglück stellen wir immer wieder fest, dass Eltern ihre Aufsicht vernachlässigen. Smartphones sind dabei natürlich ein Problem, aber nicht der einzige Faktor. Oft herrscht einfach ein Gefühl von scheinbarer Sicherheit vor, und wenn dann mal für ein paar Sekunden nicht nach dem Nachwuchs geschaut wird, kann es schon zu spät sein. Zudem raten wir sowieso davon ab, in der Weser zu baden. Die Strömung ist sehr stark, selbst geübte Schwimmer können da ganz schnell Probleme bekommen.
Wie ist es um die Schwimmfähigkeit von Bremer Kindern und Jugendlichen bestellt?
Wenn wir die Leute befragen, stellen wir immer wieder Defizite fest. Viele wissen nicht einmal mehr, was Schwimmabzeichen sind oder wofür sie stehen. Bei den Kindern muss man wieder sagen: die Eltern sind mehr gefordert. Es ist nicht Aufgabe der Schulen, Kindern das Schwimmen beizubringen. Die erste Wassergewöhnung sollte ein Kind im fünften oder sechsten Lebensjahr erfahren. Aktuell können 51 Prozent der Bremer Kinder nicht schwimmen, bevor sie die dritte Klasse besuchen. Das sind besorgniserregende Zahlen.
Was kann man tun, um solche Unglücke in Zukunft häufiger zu verhindern?
Das fängt schon ganz früh an, indem die Eltern ihren Kindern rechtzeitig das Schwimmen beibringen. Zudem ist es natürlich wichtig, mehr Aufmerksamkeit beim Badeverhalten an den Tag zu legen, egal ob am Badesee oder im Schwimmbad.