Weser Report: Herr Bovenschulte, Sie sind Bürgermeister von Weyhe, waren zuvor Landesvorsitzender der SPD und kandidieren jetzt für die Bürgerschaft. Warum kehren Sie in die Bremer Politik zurück?
Andreas Bovenschulte: Die SPD in Bremen ist inhaltlich und personell gut aufgestellt. Aber jedes Team kann natürlich noch weiter verstärkt werden. Ich würde gerne einen Beitrag dazu leisten, dass die SPD die führende politische Kraft in Bremen bleibt.
Viele Bremer sehen die SPD anders. In den Umfragen liegt sie unter 30 Prozent.
Die Situation der Bremer SPD muss man den Zusammenhang mit der deutschen und europäischen Entwicklung stellen. Die Sozialdemokratie hat es derzeit überall in Europa schwer, auch überall in Deutschland. Das ist keine Besonderheit von Bremen. Sie wird von zwei Seiten in die Zange genommen: von der völkisch-nationalen und von denen, die von einem unregulierten Kapitalismus träumen. Man muss aber auch klar sagen: Die SPD ist immer noch die Partei, die das größte Vertrauen der Menschen in Bremen genießt.
Auf die europäische Entwicklung hat die Bremer SPD kaum Einfluss. Wie will sie da ihre Chancen bei der Bürgerschaftswahl im Mai 2019 verbessern?
Wir müssen unsere Handlungsmöglichkeiten voll ausschöpfen und eine klare Politik für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren Städten machen. Auch wenn unter den derzeitigen Rahmenbedingungen die Bäume der SPD nicht in den Himmel wachsen.
Was muss in Bremen geändert werden?
Wir haben eine gute wirtschaftliche Entwicklung, aber trotzdem noch zu viele Arbeitslose. Deshalb brauchen wir gezielte öffentliche Programme. Wir müssen das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit weiter angehen. Wir müssen die Menschen aus der Arbeitslosigkeit herausholen, auch durch eine geförderte Beschäftigung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Ergebnisse des wirtschaftlichen Wachstums bei allen Bremern ankommen.
Was schlagen Sie konkret vor?
Auch die Menschen, die wenig Geld haben, müssen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Arbeitsplätze bekommen. Das geht bis zu den kleinen Dingen. In diesem heißen Sommer ist noch einmal deutlich geworden, wie wichtig die Freibäder für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind, gerade für die, die nicht wegfahren können. In Weyhe haben wir deshalb den Eintritt ins Freibad für Kinder und Jugendliche auf einen Euro gesenkt. Auch ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr für Kinder und Jugendliche, wie ihn die SPD-Landesvorsitzende Sascha Aulepp für Bremen vorgeschlagen hat, erlaubt ihnen mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Wie soll die Stadt das bezahlen?
Das sind ja keine Riesenbeträge, und ab 2020 wird sich die Haushaltslage ja etwas entspannen. Aber man muss schon Prioritäten setzen. Natürlich muss man auch im Bildungssystem was machen. Bayern beispielsweise hat viel weniger Kinderarmut als Bremen, kann aber je Schüler deutlich mehr Geld ausgeben. Bremen müsste sehr viel mehr Geld zur Verfügung haben, um im Wettstreit der Bildungssysteme mithalten zu können. Wenn man das angeht, und das muss man angehen, spricht man von ganz anderen Summen. Insbesondere in Stadtteilen mit schwieriger Sozialstruktur brauchen wir eine bessere Ausstattung mit Lehrern und Betreuern.
Wo kann Bremen dann im Gegenzug Geld einsparen?
Bei begrenzten Ressourcen bedeutet das, dass dieses Geld dann im großen Topf für alle fehlt. Klar ist aber auch, das Geld kann nicht nur für Sozialpolitik eingesetzt werden. Wir brauchen auch eine gute Verkehrsinfrastruktur und eine gute wirtschaftliche Infrastruktur. Die Prioritäten muss man in den Haushaltsberatungen setzen. Ich finde, man sollte die Prioritäten in einer Stadt mit 35 Prozent Kinderarmut darauf setzen, dass man Familien unterstützt, insbesondere Kinder.
Wo also konkret wollen Sie im Gegenzug Geld einsparen?
Man kann immer Geld einsparen, indem man Dinge effektiver macht, indem man Abläufe verbessert. Indem man dafür sorgt, dass man dasselbe Ergebnis mit weniger Einsatz erreicht.
Beim SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz vermissen Sie das Streben nach sozialer Gerechtigkeit. Muss die SPD weiter nach links rücken?
Die SPD muss eine klare Politik machen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die soziale Gerechtigkeit. Da muss sie mutiger sein.