Weser Report: Herr Kröger, die Handwerker haben viel zu tun. Die Auftragsbücher sind voll. Wie lange muss ein Kunde heute auf einen Handwerker warten?
Jan-Gerd Kröger: Große Neubau-Projekte werden schon mal verschoben, auch weil die wachsende Zahl an Aufträgen zu mehr Genehmigungsverfahren führt und zu mehr Arbeit für die Ingenieure, bevor die Handwerker anfangen können. Aber wenn bei einem Privatkunden die Heizung ausgefallen ist, kommt der Klempner des Vertrauens sofort. Wenn Sie den Handwerker anrufen, der jahrelang Ihre Heizung gewartet hat, lässt der Sie nicht im Kalten sitzen. Wer keinen Stammhandwerker hat, der hat es ein bisschen schwieriger. Der kommt erst nach den Stammkunden dran. Das kann schon mal ein bisschen dauern.
Die Handwerker haben auch die Preise erhöht, im Bundesdurchschnitt um vier Prozent.
Der Grund sind höhere Kosten. Auch die Löhne sind gestiegen. Und die höheren Löhne müssen sich ja in den Preisen widerspiegeln.
Verlangen die Handwerker nicht auch deshalb höhere Preise, weil die Auftragsbücher überquellen?
Wenn man von einem Kunden bisher zum Beispiel einen Verrechnungslohn von 43 Euro verlangt hat, kann man nicht plötzlich 52 Euro fordern. Langfristige Kundenbeziehungen vertragen nicht solche Preissteigerungen. Neuen Kunden kann man höhere Preise anbieten, aber nicht Bestandskunden.
Dann kommen Behörden ja günstiger weg. Sie sind doch in der Regel sehr langjährige Kunden?
Zur öffentlichen Hand gibt es keine klassische Kundenbeziehung. Da ist immer Status null. Von der öffentlichen Hand erhält man nur einen Auftrag, wenn man in dem Moment der Ausschreibung der Günstigste ist, und nicht, weil man schon immer für sie gearbeitet hat.
Bundesweit konnte das Handwerk den Umsatz 2018 um fünf Prozent steigern. Für 2019 prognostiziert der Zentralverband des Deutschen Handwerks einen Zuwachs von bis zu vier Prozent. Da müssen die Gewinne doch sprudeln?
Der Umsatz ist ja größtenteils nur deshalb gewachsen, weil infolge der höheren Kosten die Preise gestiegen sind. Wenn wir mal eine Umsatzrendite zwischen drei und fünf Prozent haben, sind wir schon Helden. Da überschätzen sich auch manche Handwerker und nehmen mehr Aufträge an, als sie abarbeiten können. Da wird dann nur auf den Umsatz geguckt, aber nicht auf den Ertrag. Wenn es dann nicht klappt, heißt es: Schuld ist der Facharbeitermangel. Aber auch den Mangel kann man beherrschen. Man muss schon im Blick behalten, was man leisten kann.
Im Jahr 2004 wurden mehr als 50 Handwerksberufe von der Pflicht ausgenommen, dass der Betriebsleiter einen Meisterbrief braucht. Jetzt werden wieder mehr Meisterbriefe gefordert. Warum behindert man so Betriebsgründungen?
Nach dem Verzicht auf den Meisterbrief haben sich viele Fliesenleger selbstständig gemacht als Ein-Mann-Betrieb. Aber für das Verlegen großer Fliesen braucht man zwei Leute. Die Solo-Selbstständigen versuchen es trotzdem, darunter leidet dann die Qualität. Außerdem haben sie durch niedrige Preise größere Meisterbetriebe verdrängt. Die Folge: Die Ausbildungszahlen sind eingebrochen. Denn nur Meister dürfen ausbilden. Und große Projekte mit 20 Bädern kann ein Solo-Selbstständiger nicht durchführen. Das Problem haben auch die anderen Gewerke, in denen kein Meisterbrief mehr verlangt wird.
Oft mangelt es auch an Bewerbern für eine Ausbildung.
Es ist ein Auf und Ab. Kommen zu wenig Bewerber, werben die Betriebe im Jahr darauf. Kommen dann wieder mehr, werben sie im übernächsten Jahr schon nicht mehr. Das geht nicht. Wir müssen jedes Jahr für eine Ausbildung im Handwerk werben. In Bremen hatten wir 2018 sechs Prozent mehr Jugendliche als 2017, die eine Ausbildung im Handwerk begonnen haben. Der Anstieg ist doppelt so hoch wie in Deutschland insgesamt. Aber die Berufsvorbereitung in den Schulen könnte noch besser werden.
Ist sie nicht schon besser geworden?
Die Schulen haben das Problem erkannt. Aber es dauert, bis es gelöst wird. Zuerst wird das Problem diskutiert, dann werden Lösungen diskutiert, dann die Umsetzung, und dann muss noch das Geld besorgt werden. Da erwarten die Handwerker ein schnelleres Handeln, so wie es die Kunden von uns ja auch erwarten.