Der 20. April 1945 war ein markantes und für die Delmenhorster Geschichte wichtiges Datum. Mit dem Einmarsch und der Besetzung der Stadt durch englische Truppen markiert es vor Ort das Ende des Krieges und der Herrschaft der Nationalsozialisten.
Bereits am Vortag war der Stab der 15. Panzergrenadierdivision von Stenum aus in Richtung Lilienthal abgezogen. Weitere Einheiten hatten sich hinter die neue Verteidigungslinie im Stadtnorden zurückgezogen. Damit war ein Großteil Delmenhorsts vom deutschen Militär geräumt.
In den frühen Morgenstunden des 20. April endete die über die ganze Nacht hindurch heftige Feuertätigkeit und es kehrte unerwartet eine Ruhepause ein. Kurz nach 10 Uhr marschierte das Derbyshire Yeomanry Erkundungsregiment der 51. Highland Division in die Stadt ein.
Durch die Adelheider Straße bahnten sich Panzerspähwagen und Infanteristen ihren Weg. Die Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen des Lagers Schützenhof an der Cramerstraße begrüßten die Befreier mit Jubel. Weitere Panzerspähwagen näherten sich über die Wildeshauser und Oldenburger Straße.
Gegen 10.35 Uhr hatten die ersten Panzer den Rathausplatz erreicht. Es fand ein erstes Übergabegespräch statt, alllerdings ohne Spitzenkräfte der Stadtverwaltung und der NSDAP, die sich längst zur gemeinsamen Flucht verabredet und nach Hude abgesetzt hatten.
Die eigentliche Übergabe der Stadt oblag dem kurz zuvor in das Bürgermeisteramt eingesetzten 70 Jahre alten ehemaligen Stadtbaumeister Karl Kühn. Die wenigen zum Dienst erschienenen Beamten und Angestellten der Stadt wurden nach Hause geschickt.
Lediglich im Norden von Delmenhorst kam es noch zu vereinzelten Kampfhandlungen. Kurz darauf kontrollierten die Briten alle wichtigen Straßen und Kreuzungen im Stadtgebiet. Umgehend begannen die Besatzer einige Häuser und Wohnungen zur Unterbringung ihrer Offiziere und Mannschaften zu requirieren.
Bei der Besetzung verhielten sich die englischen Soldaten in ihrer Mehrzahl sehr diszipliniert. Es kam nur in geringem Umfang zu Übergriffen und Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung.
Eine Militärregierung und ein Stadtkommandant übernahmen die Amtsgewalt im Rathaus. Es wurde demokratisiert und entnazifiziert. Um der Bevölkerung die Augen über die KZ-Greuel zu öffnen, wurden am 29. April 1945 über 100 Mädchen, ausnahmslos Angehörige des BDM, zusammengezogen und zum Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager Sandbostel gebracht. Dort mussten sie Aufräumarbeiten leisten und die dort zahllosen Kranken pflegen.
Einer am 16. November 1945 ernannten Stadtvertretung folgte Ende Oktober 1946 der erste gewählte Stadtrat. Schon bald erreichten erste Flüchtlingsströme die Stadt. Die Aufnahme von mehr als 16.000 Menschen wurde über lange Jahre eine der vordringlichsten Aufgaben der Verwaltungsstellen.
Im Frühjahr 1951 bezogen zwei englische Flak-Regimenter die Kaserne an der Wildeshauser Straße. Der Bau der britischen Truppenunterkünfte auf dem ehemaligen Flugplatz Adelheide konnte im Juni 1952 abgeschlossen werden. Zwischen der Brauenkamper und Wildeshauser Straße entstanden zahlreiche Neubauten für die Offiziere der englischen Garnison. Darüber hinaus beschlagnahmten die Briten viele Privathäuser und Wohnungen.
Die letzte britische Einheit verabschiedete sich erst am 3. Mai 1963 mit einer Parade auf dem Hans-Böckler-Platz von der Delmenhorster Bevölkerung.
Zieht man eine Bilanz der Luftangriffe auf Delmenhorst, dann lässt sich sagen, dass die Stadt relativ glimpflich davon gekommen war. Von September 1939 bis zum Kriegsende wurde insgesamt 1.454 Mal Alarm ausgelöst, außerdem erfolgten 1.140 Luftschutzwarnungen beziehungsweise Kleinalarme. Unsere Stadt erlebte 71 Fliegerangriffe, 20 Mal verbunden mit dem Abwurf alliierter Flugblätter, gespickt mit Appellen gegen das Nazi-Regime.
Eine Aufstellung der niedergegangenen Bomben verzeichnet nach Aufstellungen des Majors der Schutzpolizei Konrad Kappes 997 Spreng- und 21 Minenbomben. Dazu kamen mehr als 300 Flüssigkeitsbomben, etwa 40.000 Stabbrandbomben und 1.186 Phosphorbrandbomben.
Unter den getroffenen Zielen waren 38 Mal Industriebetriebe und Verkehrsanlagen und 18 Mal militärische Objekte. Die Luftangriffe hinterließen 194 völlig zerstörte Gebäude und 551 Häuser mit schweren Beschädigungen.
Neben acht Großbränden bekämpften Feuerwehr und Luftschutzhelfer 55 Mittel- und 84 Kleinfeuer. Insgesamt kamen bei den Bombardements nach den beim Standesamt beurkundeten Sterbefällen in Delmenhorst 89 Menschen ums Leben.