Für den 1. FC Heidenheim geht es um den größten Erfolg der Vereinsgeschichte – für den SV Werder Bremen darum, eine schlimme Saison noch versöhnlich abzuschließen und den Klassenerhalt in Liga 1 zu retten. Wenn am Donnerstagabend und kommenden Montag der Zweitliga-Dritte und Erstliga-Drittletzte auf aufeinandertreffen, dann sind die Karten klar verteilt. Werder ist trotz seiner sportlichen Misere der vergangenen Monate klarer Favorit – die Überraschungstruppe aus der baden-würtembergischen 50.000-Einwohner-Kreisstadt an der Grenze zu Bayern der Unterdog. Die Erfahrung der Geschichte der Relegation zeigt aber, dass Einiges möglich und auch der Außenseiter keineswegs chancenlos ist. Beide Spiele werden um 20.30 Uhr angepfiffen und live im Stream auf DAZN und Amazon Prime Video übertragen. Ein kleiner Blick zurück:
Schiri rettet den HSV
2015 – Hamburger SV – Karlsruher SC 1:1. 2:1 n.V.: Wenn ein Drama das Fußballspiel würzt, ist der Hamburger SV nicht weit. Der damalige Bundesliga-Dino konnte vor fünf Jahren noch eine Tragödie abwehren. Nach einem 1:1 im Hinspiel gegen den Karlsruher SC drohte der HSV im Rückspiel unterzugehen, lag lange 0:1 zurück. Doch dann leistete sich Schiedsrichter Manuel Gräfe sich eine folgenschwere Fehlentscheidung, als er ein vermeintliches Handspiel von Slobodan Rajkovic ahndete. Freistoß in letzter Minute: Rafael van der Vaart wollte schießen, durfte aber nicht. „Morgen, mein Freund“, raunte ihm Marcelo Diaz zu. Der Chilene, ansonsten kaum aufgefallen an der Alster, trat an und traf zum 1:1. Verlängerung erreicht, in der den Glücksritter aus Hamburg der Siegtreffer gelang.
„König Otto“ steigt mit Hertha ab
2012 – Hertha BSC – Fortuna Düsseldorf 1:2, 2:2: Bengalische Feuer aus beiden Fanlagern, Platzsturm der Fortuna-Anhänger, Attacken von Berliner Profis gegen Schiedsrichter Wolfgang Stark, mehrmalige Unterbrechungen – das Rückspiel in Berlin stand vor dem Abbruch. Die von Otto Rehhagel, dem ehemaligen Bremer Meistercoach, betreuten Berliner legten nach dem Abstieg Protest gegen die Wertung des Rückspiels ein. Aber: Einspruch abgewiesen, Niederlage für „König Otto“ auch am grünen Tisch.
Drama im Entscheidungsspiel
1988 – SV Darmstadt 98 – Waldhof Mannheim 3:2, 1:2, 4:5 n.E. im Entscheidungsspiel: Bisher eine Einmaligkeit: Waldhof Mannheim rettete sich nach Hin- und Rückspiel sowie einem Entscheidungsspiel (damals galt noch nicht die Auswärtstorregel) erst im Elfmeterschießen. Nie zuvor und niemals danach wurde in der Bundesliga-Relegation vom Punkt über Auf- und Abstieg entschieden. Pikant: Darmstadt-Trainer Klaus Schlappner scheiterte ausgerechnet gegen seinen Ex-Club Waldhof Mannheim. Weil er in den Folgejahren auch mit dem 1. FC Saarbrücken in der Relegation am Aufstieg scheiterte, ist er bis heute als Trainer der Rekordhalter in Sachen verlorener Relegationsrunden.
Kantersieg gegen Virus
1986 – Fortuna Köln – Borussia Dortmund 2:0, 1:3, 8:0: Die Geschichte ist legendär: Borussia Dortmund befand sich sportlich in Bedrängnis, aber auch finanziell vor dem Exitus. Fortuna Köln hatte im Hinspiel 2:0 gesiegt, der BVB lag im Rückspiel zurück. Nur noch eine Halbzeit, die Borussen mussten treffen. Und sie trafen in Person von Jürgen Wegmann, „Kobra“ genannt, zum entscheidenden 3:1. Die Auswärtsregel gab es noch nicht, daher ein Entscheidungsspiel. Auch damals kam ein Virus ins Spiel, konkret ein Virus, das Magen und Darm einiger Fortuna-Akteure befallen hatte. Das dritte Spiel wurde um eine Woche verschoben. Es half den Kölnern nichts: 8:0 für Dortmund, schließlich eine klare Sache für den zwischenzeitlich torkelnden Favoriten.
Schalke als Mahnung
1983 – Bayer 05 Uerdingen – Schalke 04 3:1, 1:1: Schalkes zweiter Abstieg wurde 1983 besiegelt und könnte Werder Bremen als mahnendes Beispiel dienen. „Wir sind 80:20-Favorit“, hatte zuvor Jürgen Sundermann, der Trainer der Königsblauen, getönt. Doch Bayer Uerdingen widerlegte den Coach und trug sich in die Chronik ein: erster unterklassiger Verein, der triumphierte. Es sollte die Ausnahme sein, denn: In der ersten Relegationsphase (1982 bis 1991) siegten siebenmal die Erstligisten in zehn Aufeinandertreffen, in der zweiten Periode (seit 2009 bis heute) achtmal die höherklassigen Clubs in elf Duellen.