Jean-Manuel Mbom war noch nicht einmal eingeschult, als der heutige Profi des SV Werder Bremen schon einen anderen Blick auf die Welt bekam. Der Vater, ein Entwicklungshelfer, nahm die ganze Familie aus dem heimatlichen Bovenden in der Nähe von Göttingen für ein Jahr mit nach Burkina Faso, Westafrika, eines der ärmsten Länder der Welt.
Und der damals fünfjährige Jean-Manuel sah Menschen, deren Zuhause eine über zwei Stangen gestülpte Plane war. Und ohne das jetzt weiter ausschmücken zu müssen, könnte dies doch der Grund sein, weshalb Mbom 15 Jahre später von vielen, die ihn schon länger kennen, als außergewöhnlich reif und reflektiert beschrieben wird.
Schock bei der Rückkehr
Er selbst sagt dazu in der neuen Folge des Werder-Podcasts, dass man „auch mal dankbar sein muss: für Familie, für Freunde, für ein Dach über den Kopf, für fließend Wasser“. Eine Selbstverständlichkeit? In Deutschland schon. Aber nicht in Burkina Faso. „Nach Deutschland zurückzukehren, war damals ein Schock für mich“, sagt Jean-Manuel Mbom im Rückblick und wundert sich auch im jungen Erwachsenenalter noch darüber, warum die Menschen im Wohlstand „jeden Tag so sauer sind“ und sich gegenseitig anschreien. „Ich glaube“, sagt Mbom, „der Leistungsdruck hier macht die Leute krank.“
Heißer Anwärter auf festen Platz im Mittelfeld
Interessant, dass ausgerechnet er es so sagt. Denn im weiteren Verlauf des sehr hörenswerten Podcasts wird klar, wie sehr sich der Bundesliga-Newcomer selbst immer unter Leistungsdruck gesetzt hat. Schon als Jugendlicher. Sein Leitfaden für das Leben als Fußballer klingt jedenfalls nicht nach sehr viel Bequemlichkeit: „Für mich ist es generell wichtig, sich auf jeden einzelnen Tag zu konzentrieren und immer 100 Prozent zu geben. Fußball ist ein Tagesgeschäft – bloß, weil du heute gespielt hast, spielst du nicht unbedingt morgen wieder. Du musst immer abliefern.“
Womit der Bogen zur Gegenwart geschlagen wäre. Denn Jean-Manuel Mbom hat jetzt zweimal abgeliefert, gegen Schalke (3:1) sein Bundesliga-Debüt gefeiert und gegen Arminia Bielefeld (1:0) gleich Spiel zwei folgen lassen – inklusive des Assists beim Siegtreffer. Jetzt ist er drin im Team und wird nach dem Transfer von Davy Klaassen als ein heißer Anwärter auf die dauerhafte Besetzung des freien Platzes im Mittelfeld gehandelt.
Mentalität als entscheidender Faktor
Möglicherweise sind das aber noch zu hohe Erwartungen an einen 20-Jährigen, der in der vergangenen Saison noch auf Leihbasis für den KFC Uerdingen in Liga drei gespielt hat. Doch selbst dort habe ihm Trainer Stefan Effenberg versichert: „Junge, wenn du so weitermachst, steht dir die Welt offen.“
Mbom hat dieses Lob so eingeordnet, dass Ex-Nationalspieler Effenberg nicht über fußballerische Finesse, sondern über die Mentalität auf dem Platz gesprochen hat. Womit er sich damit einreiht bei anderen Trainern und Wegbegleitern von Mbom. Immer alles geben – bei ihm scheint es keine Floskel zu sein. Und dass ihn diese Einstellung bis in die Bundesliga gebracht hat, „ist wunderschön für mich. Jetzt sitze ich hier und habe zwei Bundesliga-Spiele gemacht – das ist verrückt.“