Grigori Pantijelew ist stellvertretender Vorsitzender der jüdischen Gemeinde und kümmert sich ehrenamtlich, um die Anliegen der Mitglieder. Foto: Wachtel
Jüdisches Leben

Doppelten Grund zum Feiern

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Grigori Pantijelew spricht über den Festakt am Sonntag und das jüdische Gemeindeleben in Bremen.

Die Bremer Juden haben doppelten Grund zum Feiern: Vor 1.700 Jahren, am 11. Dezember 321, stellte der römische Kaiser Konstantin der Stadt Köln eine Urkunde aus, die erstmals jüdisches Leben auf deutschem Boden bezeugte. Und seit 60 Jahren gibt es in Bremen wieder eine Synagoge. Beim Festakt am kommenden Sonntag in der Synagoge an der Schwachhauser Heerstraße wird eine neue Thora-Rolle eingeweiht.

„Fromme Juden kommen regulär zur Synagoge, beten und lernen, sie sorgen sich um die jüdische Erziehung ihrer Kinder. Säkulare Juden erinnern sich gern an die Tradition und Vergangenheit, sie leben selbst eher assimiliert“, erklärt Grigori Pantijelew, der stellvertretende Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Bremen. „Es gibt Juden, die sich stolz als Juden zeigen. Und es gibt Juden, die sich verstecken.“

Integration

Rund 800 Mitglieder zählt die jüdische Gemeinde in Bremen. Die meisten seien schon älter, sagt Pantijelew.„Unsere interne Arbeit enthält im Kern zwei Aspekte: Wir helfen unseren Mitglieder, sich einmal im Judentum, aber auch in der deutschen Realität zu integrieren“, sagt Pantijelew.

So biete die Gemeinde Seniorentreffs an und unterhalte einen Kindergarten und eine Krippe. „Wir sind da offen für die Stadt. Jedes Kind ist willkommen. Im Kindergarten bieten wir koscheres Essen und eine Einweisung in jüdische Feste an“, sagt der 62-Jährige. Doch es sei immer eine Abwägung, wie sehr sich die jüdische Gemeinschaft öffne oder verschließe. „Es gibt oft Probleme mit Wohnmietungen und dem Amt für soziale Dienste. Da viele Gemeindemitglieder älter sind und keine Rente bekommen, sind sie auf die Sozialhilfe angewiesen“, sagt Pantijelew.

Keine Schule

Eine jüdische Schule gibt es in Bremen nicht. „Dafür haben wir zu wenige Kinder“, sagt Pantijelew. 2002 schloss die Gemeinde einen Vertrag mit dem Land Bremen. „Wir sind Partner und erhalten eine jährliche Subvention, um das Gemeindeleben am Laufen zu halten“, erklärt Pantijelew. Doch diese Hilfe sei eine Verhandlungssache. „Bei größeren Projekten müssen wir bei der Staatskanzlei vorstellig werden.“ Das nächste größere Vorhaben ist die Erweiterung des neuen Friedhofs mit Trauerkapelle. Darüber verhandle die Gemeinde bereits mit der Stadt.

Nach den Terroranschlägen auf New York am 11. September 2001 wurde um die Synagoge ein Zaun gezogen, und Polizisten begleiten seither den Gottesdienst. „Es ist ein düsterer Schutz. Wie fühlt sich ein Kind, dass auf dem Weg zum Kindergarten täglich an Polizisten vorbei muss?“, fragt Pantijelew.

Antisemitismus auch in Bremen

Dabei sei jedem Juden bewusst, dass es Antisemitismus gebe, auch in Bremen. Es sei aber auch jedem Juden bewusst, dass Deutschland nicht mehr das Land der Täter sei, denn die seien nicht mehr da, meint der 62-Jährige. In der Progromnacht 1938 wurde auch die Bremer Synagoge angezündet und verwüstet. Vom Sommer 1942 an wurden die in der Stadt verbliebenen Juden in die Vernichtungslager Theresienstadt und Auschwitz deportiert.

„Mit Blick auf unsere Geschichte haben wir bereits viele Kämpfe ausgefochten. Teilweise dauern sie heute noch an“, sagt Pantijelew. „Doch ich möchte nicht gegen etwas kämpfen, sondern für etwas: Also statt gegen den Antisemitismus möchte ich empfehlen, sich für das jüdische Leben einzusetzen.“

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