Es war die neunte Minute der Nachspielzeit, als Niclas Füllkrug Werder per Elfmeter zumindest einen Punkt rettete und damit einen schlimmen Tag der grün-weißen Vereinsgeschichte noch versöhnlich enden ließ. 40.000 Fans im ausverkauften Weserstadion feierten das Remis im Absteigerduell gegen Schalke wie einen Sieg, doch die Szene wie der Strafstoß zustande gekommen war, die erhitzte die Gemüter.
Kölner Keller schaltet sich ein
„Da bin ich fassungslos“, meinte selbst ein alt gedienter TV-Kommentator wie Markus Höhner nach mehrfacher Zeitlupenstudie aus unterschiedlichen Perspektiven über den „Faller“ von Roger Assalé, der von einem Schalker Gegenspieler leicht bedrängt worden war. Auch der Schiedsrichter hatte zuerst weiterlaufen lassen, bekam dann aber von Videoschiedsrichter Christian Dingert aus dem Kölner Keller einen Hinweis aufs Ohr, schaute sich die Szene am Spielfeldrand auf dem Monitor an und entschied auf Elfmeter. Was die Unparteiischen da tatsächlich gesehen hatten, das war unmittelbar nach der Partie noch unklar, viel kann es aber nicht gewesen sein.
Zenkovics Glücksgriff
„Er hats clever gemacht, das gehört dazu“, freute sich Werders Interimstrainer Danijel Zenkovic am Sport1-Mikrofon über die Aktion von Assalé, den er überhaupt erst in der 88. Minute eingewechselt hatte. Für Zenkovic war es ein Glücksgriff bei seinem Blitz-Bundesligadebüt, nur wenige Stunden, nachdem er nach Markus Anfangs Rücktritt (wegen eines möglicherweise gefälschten Impfnachweises) zum Chefcoach gegen Schalke befördert worden war.
Rassige Partie mit großer Bedeutung
Unabhängig davon wie das Ergebnis zustande gekommen ist, war das Remis durchaus gerecht. Obwohl sich beide Teams ihre Tore für die Schlussminuten aufgespart hatten, war es eine rassige Partie, bei der beiden Mannschaften anzumerken war, dass viel auf dem Spiel stand: Für Schalke nach drei Pflichtspielniederlagen in Folge und für Werder nach dem Anfang-Beben. Sowohl gegen den Ex-Cheftrainer, als auch gegen den mit ihm zurückgetretenen Assistenten Florian Junge laufen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.
Glänzender Toprak
Für Werder, in der Tabelle noch drei Zähler hinter Schalke und (vor dem Spiel) sieben Zähler hinter den beiden Tabellenführern, ging es auch darum, nicht gänzlich den Anschluss zu den Aufstiegsrängen zu verlieren. Das ist den Grün-Weißen halbwegs gelungen. Viel wichtiger war am Samstagabend aber die Erkenntnis, dass die Bremer das interne Theater gut weggesteckt haben und einen engagierten Auftritt hinlegten.
Torgefährlicher wirkten allerdings die Schalker. Und hätte Werder-Kapitän Ömer Toprak gegen Zweitliga-Goalgetter Simon Terodde nicht einen absoluten Glanztag erwischt und mehrfach mit letztem Einsatz geklärt, es hätte wohl mehrfach geklingelt im Werder-Kasten.
Werder scheitert dreimal knapp
Eigentlich schien Terodde auch gegen Werder seine rund 500-minütige Ledehemmung nicht überwinden zu können, aber als Werder-Keeper Jiri Pavlenka ein hartes aber dennoch unplatziertes Geschoss von Schalkes Rodrigo Zalazar ungeschickt nach vorne abwehrte, da war Terodde in bester Knisper-Manier per Kopf zum 0:1 (82.) zur Stelle und Toprak kam ein paar Zentimeter zu kurz.
Auch Werder, das saisonübergreifend nun von seine vergangenen 14 Heimspielen nur zwei gewinnen konnte, hatte Chancen. Die besten hatte Füllkrug auf dem Fuß, scheiterte aber einmal ganz knapp (32.) und ein anderes Mal (nach toller Vorarbeit von Romano Schmid) jagte er den Ball über das Tor (58). Auch Marvin Ducksch, der es platziert per Kopf versuchte, fehlte nicht viel zu einem Treffer (63.).
Werder muss Klarheit schaffen
„Es war im nachhinein ein echter Scheiß-Tag“, fasste Füllkrug nach der Partie zusammen, wobei er das Happyend natürlich nicht missen wollte.
Wütend und aufgebracht war hingegen Peter Knäbel. „Nach solch einem Elfmeter fühlt man sich betrogen“, nahm der Schalker Sportvorstand kein Blatt vor dem Mund, doch das interessierte auf Seiten der Grün-Weißen keinen mehr. Vielmehr muss Werder jetzt in den kommenden Tagen Klarheit darüber schaffen wie es weitergeht auf dem Posten des Trainers. Der erst 34-jährige Zenkovic hat es gut gemacht gegen Schalke, ebenso wie die Mannschaft, die bewiesen hat, dass ausreichend Potenzial und Mentalität vorhanden sind, um in der 2. Liga zu bestehen und auch wieder den Blick nach oben richten zu können.