Strom wird auch an der Börse gehandelt. Dort ist der Preis gerade so hoch, dass einige Billiganbieter die Versorgung der Kunden eingestellt haben, um keine Verluste zu machen. Foto: Schlie
Stromwechsel

SWB muss Strom nachkaufen

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Der Kundenzuwachs durch den Stromio-Ausstieg bringt Herausforderungen mit sich.

Rund 9.000 neue Kunden innerhalb weniger Wochen hat die plötzliche Beendigung erst der Gas- und dann der Stromlieferungen durch Anbieter wie Stromio dem Bremer Energieversorger SWB beschert. Doch die Freude über das Wachstum hält sich dort in Grenzen.

„Die Kunden sind ja nicht freiwillig gekommen“, sagt SWB-Sprecher Friedhelm Behrens. Vielmehr seien sie automatisch Kunde geworden, weil sie durch den Lieferstopp ihrer bisherigen Lieferanten in die gesetzlich garantierte Ersatzversorgung gefallen sind. Und die übernimmt jeweils der örtliche Grundversorger, in Bremen SWB.

Mehrarbeit

Für SWB bedeutet das erst einmal Mehrarbeit. Einerseits müssen die Neukunden administrativ verarbeitet werden. Andererseits melden sich viele von ihnen telefonisch und wünschen eine Tarifberatung, etwa weil sie Ökostrom beziehen wollen oder eine Preisgarantie wünschen. „Warteschleifen führen zu Unmut“, weiß Behrens und bittet um Geduld.

Für die Betroffenen besteht auch keine Eile. Sie haben rechtlich drei Monate Zeit, einen neuen Energieliefervertrag mit einem Anbieter ihrer Wahl abzuschließen. Tun sie das nicht, kommt in der Regel automatisch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
Wer seinen jährlichen Gas- und Stromverbrauch kennt, der kann sich über swb.de einen Vergleich der verschiedenen Tarife anzeigen lassen. Mit wenigen Klicks lässt sich zudem vom Basis-Tarif in einen Wunschtarif wechseln.

Günstige Preise

Ein Blick in die einschlägigen Vergleichsportale zeigt zudem, dass die aktuellen SWB-Preise deutlich unter den Angeboten der Wettbewerber liegen. Das bestätigt auch Inse Ewen von der Energieberatung der Verbraucherzentrale Bremen: „Aktuell finden sich kaum oder sogar gar keine günstigen Strom- und Gasanbieter in den Wechselportalen. Wenn man doch einen findet, kann es sein, dass er keine Neukunden mehr aufnimmt. Die Anbieterlisten sind stark ausgedünnt“, sagt Ewen. Wahrscheinlich werde auch in den nächsten Monaten kein günstigerer Versorger zu finden sein.

Sie rät den Verbrauchern, zügig aus der Ersatzversorgung in einen individuell passenden Sondertarif mit günstigeren Konditionen zu wechseln. „Wir raten zu kurzen Vertragslaufzeiten von maximal zwölf Monaten“. Zwei-Jahres-Verträge, wie sie momentan insbesondere über die Wechselportale angeboten würden, seien hingegen mit Vorsicht zu genießen, meint Ewen. „Der Strompreis schwankt stark“, erklärt sie. Da sei es zu erwarten, dass er demnächst auch wieder falle.

Langfristig kalkuliert

Die unverhoffte Welle der Neu- und Rückkehrerkunden stellt SWB nicht nur in Sachen Beratung und Vertragsabschlüsse vor eine Herausforderung. Anders als die Billiganbieter, die ihren Strom kurzfristig an der Börse beziehen, um Preisschwankungen auszunutzen, kauft SWB langfristig ein. „Wir kalkulieren in der Regel 24 Monate im Voraus und kaufen nur wenig an den Spotmärkten“, erklärt Behrens. Zusätzliche Kunden bedeuten nun aber zusätzlichen Bedarf an Strom und Gas. Das Unternehmen muss also in einer Phase an der Börse zukaufen, in der die Preise dort gerade so hoch sind, dass viele Discounter aufgegeben haben. Die Situation könnte sich auf die Preise auswirken, insbesondere für Neukunden. „Bestehende Verträge werden wir nicht kündigen“, versichert Behrens.

Das Ende der Fahnenstange ist wohlmöglich noch nicht erreicht. „Wir rechnen damit, dass noch mehr Discounter das Problem haben“, sagt Behrens. „Viele Verbraucher sind verunsichert“, weiß Ewen. Ein Anzeichen dafür, dass ein Anbieter in Schieflage gerate, seien erhöhte Abschlagforderungen, obwohl die Kunden keine höheren Verbräuche hätten, so die Verbraucherschützerin.

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