In einer Halle in der Nähe des Weserparks arbeiten 60 Experten am Auto der Zukunft, genauer: am Müllauto des 21. Jahrhunderts. Die Klimaschutz-Kommission der Bürgerschaft hätte ihre Freude daran, fährt der neue Wagen doch klimaschonend, kein CO2 entwicht, wenn der Motor anspringt. Nicht Diesel, Wasserstoff treibt das Fahrzeug an.
„Mit den Plänen dafür haben wir schon 2006 angefangen“, sagt Johannes Kirchhoff, der geschäftsführende Gesellschafter der Kirchhoff-Gruppe, die in Iserlohn sitzt. Weltweit beschäftigt sie rund 12.200 Mitarbeiter, 2021 setzte sie 2,2 Milliarden Euro um.
Wasserstoff Autos
In Osterholz-Scharmbeck sitzt eine Tochter der Kirchhoff-Gruppe: Faun. Dort produzieren sie Aufbauten für Müllfahrzeuge und Kehrmaschinen. Doch für die Fertigung der Wasserstoff-Autos reichte der Platz dort nicht mehr. Deshalb gliederte Faun den Bereich nach Bremen aus. Zufall. „Wir sind in Bremen, weil wir die Halle mit den Büros schnell mieten konnten“, sagt Kirchhoff. Rund 1,5 Millionen Euro hat er bisher in den Standort investiert.
Doch das ist erst der Anfang. Doch bevor der Bereich expandiert, hat ihm Kirchhoff erst einmal einen eigenen Namen verpasst. Das Wasserstoff-Geschäft von Faun läuft jetzt unter der Marke Enginius, ein Kunstwort, zusammengesetzt aus Engineering, dem englischen Begriff für Ingenieurwesen, und Ginius, der Schöpferkraft. Die Idee kam der Hannoveraner Marketingagtenur Kochstraße.
20 Autos europaweit
Europaweit fahren schon 20 Wasserstoff-Müllautos, weitere 130 haben Kommunen schon bestellt. Größter Kunde ist die Berliner Stadtreinigung, die bereits sechs solcher Fahrzeuge einsetzt und weitere acht geordert hat. Auch die Stadtreinigung Bremen (DBS) hat schon solch ein Fahrzeug durch die Stadt geschickt – testweise im Sommer 2020. Gekauft hat sie keines.
Knapp 800.000 Euro kostet solch ein wasserstoffangetriebener Müllwagen, etwa dreimal so viel wie einer mit Dieselmotor. Allerdings übernimmt der Bund 80 Prozent der Mehrkosten.
Lieferverkehr
Das Chassis der Fahrzeuge bezieht Enginius vom Daimler-Werk in Wörth. In Bremen kommen die speziellen Aufbauten dazu und der Antrieb samt Steuerung.
Vom kommenden Jahr an wollen die Bremer auch ein wasserstoff- und batteriebetriebenen Lastwagen für den Lieferverkehr anbieten. Laut Kirchhoff liegen schon Anfragen von Handelsketten vor.
Bis 2027 will Enginius insgesamt 5.000 Fahrzeuge in Bremen fertigen. „Wenn wir einmal 8.000 bis 10.000 Fahrzeuge im Jahr verkaufen, brauchen wir eine neue Fabrik mit rund 1.000 Arbeitsplätzen“, sagt Kirchhoff.
Neues Gelände
Seine Manager suchen schon nach einem geeigneten Gelände. Es soll mindestens 100.000 Quadratmeter umfassen, muss aber nicht in Bremen liegen. „Wir schauen uns“, sagt Kirchhoff, „auch in Niedersachsen um.“