Für seine Sonderschau „The Tudors: Art and Majesty in Renaissance England“ hat das bekannte Metropolitan Museum of Art (Met) in New York das Bremer Focke-Museum um das sogenannte Stalhof-Silber, das aus einem Becken und einer Kanne besteht, gebeten.
„Diese Anfrage zeigt, über was für wertvolle und geschichtlich bedeutsame Objekte das Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte verfügt“, sagt Anna Greve, Direktorin des Focke-Museums.
Für Met-Direktor Max Hollein und die zuständige Kuratorin Elizabeth Cleland seien die Stücke sogar Schlüssel-Objekte der Ausstellung, die den Wandel der Künste am englischen Hof während der Tudor-Zeit thematisiert.
Aber wie kam dieses kostbare Objekt nach Bremen? Mit dem Stalhof besaßen die Kaufleute der deutschen Hanse seit dem 15. Jahrhundert am Ufer der Themse eine Niederlassung in England. Becken und Kanne dienten bei Festessen zum Reinigen der Hände.
Das 1535/36 gefertigte Becken wird in der Mitte von einem Reichsadler verziert. Er war seit dem 15. Jahrhundert das Sinnbild des Londoner Hansekontors. Der knieende Putto auf dem Deckel der 1562/63 erstellten Kanne hält ein Weberschiffchen in den Händen und erinnert daran, dass am Stalhof vor allem Tuche umgeschlagen wurden.
Als die Geschäfte nicht mehr liefen, weil die Engländer zunehmend selber Stoffe herstellten, schloss die Hanse den Stalhof 1598. Wegen politischer Differenzen zwischen England und der Hanse kam das Silber aus Sicherheitsgründen nach Lübeck und wurde 1609 an Bremen verkauft.
Stalhof-Silber im Focke-Museum
Diese beiden Teile sind die einzig noch erhaltenen Exponate des Stalhof-Silbers. Ende der 1970er-Jahre gelangte das Silber in das Focke-Museum, wo es in der Dauerausstellung seinen festen Platz hat.
Bevor Becken und Kanne auf Reise gingen, hat die zuständige Restauratorin Silke Nienstedt beide Teile gründlich untersucht, insbesondere das Wappen aus Email inmitten der Schale, Korrosion entfernt und den Zustand der Objekte dokumentiert. Für den Flug in die USA wurde eine Klimakiste mit Schwingungsdämpfer angefertigt, die die Erschütterungen beim Fahren und Fliegen ausgleicht.
Silke Nienstedt hat den Transport nach New York begleitet, den Zustand der Stücke nach der Ankunft abermals begutachtet, dokumentiert und sie gemeinsam mit den Kollegen vor Ort in der Vitrine arrangiert.
Zudem können in der Ausstellung Porträts, Wandteppiche, Manuskripte, Skulpturen und Rüstungen begutachtet werden.
Nach Ablauf der Ausstellung wird Nienstedt Becken und Kanne auch wieder abholen und nach Hause bringen. Bis zum 8. Januar 2023 ist die Ausstellung an der 5th Avenue zu sehen.