Bernd Oetken ist Geschäftsführer der inkoop Verbrauchermärkte. Die Unternehmerfamilie Oetken-Kosten betreibt mehrere Supermärkte.Foto: Konczak Bernd Oetken ist Geschäftsführer der inkoop Verbrauchermärkte. Die Unternehmerfamilie Oetken-Kosten betreibt mehrere Supermärkte. Foto: Konczak
Interview

Die Retter-Tüte von Inkoop

Von
Inkoop-Geschäftsführer, Bernd Oetken, spricht über Angebote der Lebensmittelrettung

Delme Report: Die aktuelle Wirtschaftslage versetzt einen Großteil der Deutschen in Existenzangst. Fast 80 Prozent sind angesichts der zweistelligen Inflation in Sorge um ihre Lebensgrundlage. Herr Oetken, macht sich das an der Supermarktkasse bemerkbar?

Bernd Oetken: Es wird mehr auf den Preis geachtet. Unsere Kunden kaufen momentan verstärkt vorverpackte Ware anstatt an der Fleisch-, Fisch- oder Käsetheke unkontrollierter zu kaufen, nach dem Motto „hiervon zwei Stück, davon 200 Gramm“. Bei vorverpackter Ware steht der Preis fest. Und es landen häufiger Produkte von „Gut und günstig“ anstatt Markenprodukte im Einkaufswagen.

Wird insgesamt weniger gekauft?

Das können wir so noch nicht feststellen.

Die Tafel klagt darüber, dass ihr Lebensmittel fehlen. Ist die Abgabemenge rückläufig?

Nein, momentan stagniert sie. Das Problem ist, dass der Bedarf bei der Tafel stark gestiegen ist, wir andererseits aber versuchen Überschüsse zu verringern und die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Wir arbeiten im Bereich automatische Disposition daran, die Menge zu optimieren. Deshalb entsteht ein Delta was augenscheinlich bei der Tafel immer größer wird.

Wie lange unterstützt Inkoop die Tafel bereits?

Schon über zehn Jahre. Die Zusammenarbeit mit der Tafel klappt sehr gut. Es ging ja immer darum, dass es viel zu schade ist, Lebensmittel, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind, wegzuwerfen. Unverkäuflich sind leider auch Konserven, die verbeult sind. Genauso wie Obst oder Gemüse, dass fleckig oder krumm ist. Das ist schade, da die Ware einwandfrei ist. Es gehört sich einfach nicht, Lebensmittel, die noch genießbar sind, in die Tonne zu werfen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit „Too good to go“ zustande?

Das ist eine andere Schiene. Hierbei handelt es sich um einen Dienstleister, der über eine Smartphone-App arbeitet. Die Nutzer reservieren sich eine Überraschungstüte aus einer bestimmten Warengruppe, zum Beispiel Backwaren oder Obst und Gemüse, zu einem Bruchteil des tatsächlichen Wertes. Sie bezahlen im Vorfeld und holen die Ware innerhalb eines bestimmten Zeitfensters bei uns im Markt ab. Das ist natürlich gar nicht mit den Mengen der Tafel vergleichbar. Die Zusammenarbeit mit Too good to go läuft allerdings in Kürze aus, da wir mit der Gebührenanpassung des Dienstleisters so nicht einverstanden sind. Aber es wird einen Ersatz geben.

Mögen Sie uns darüber etwas verraten?

Anfang Dezember führen wir unsere eigene, so genannte Inkoop-Rettertüte ein. Die Tüten werden von uns mit überschüssigen Lebensmitteln zu einem ebenfalls tollen Preis-Leistungsverhältnis bestückt und für die Kunden in unseren Märkten bereitstehen. Eine App ist nicht mehr notwendig.

Aber komplett lässt es sich sicherlich nicht vermeiden, Lebensmittel wegzuwerfen.

Ja. Das betrifft zum Beispiel Käseverschnitt oder wenn Fisch filetiert wird.

Eingangs erwähnten Sie die automatische Disposition. Können Sie das etwas genauer erklären?

Wir haben ein großes Sortiment mit rund 25.000 Artikeln. Das ist unsere Kernkompetenz. Zweidrittel unserer Artikel werden durch die Autodisposition automatisch beim Großhandel bestellt. Der Computer berücksichtigt dabei gespeicherte Vergangenheitswerte, die kommende Wetterlage, Feiertage und Saisonhöhepunkte. Das System weiß ziemlich genau, was zu Weihnachten besonders stark nachgefragt wird, und passt die Bestände automatisch an.

Reagieren Sie auf die angestiegenen Energiekosten mit geänderten Öffnungszeiten?

Nein, die Öffnungszeiten haben wir unverändert gelassen. Wir versuchen uns natürlich energetisch immer zu verbessern – bei jedem neuen Markt wird daran gearbeitet.

Wie planen die Inkoop-Supermärkte für Heiligabend?

Die Läden sind zwar noch auf, aber wenn man genau hinguckt, sieht man, dass das wir uns sortimentsmäßig schon auf die kommenden Feiertage einstellen. Allerdings werden an Heiligabend eh nur noch Notkäufe getätigt. Dieser Tag wird seit Jahren hauptsächlich dazu genutzt, um vorbestellte Ware abzuholen.

Warum wird bereits im Spätsommer Weihnachtssortiment im Handel verkauft?

Wir sprechen von Herbstgebäck, hierzu zählen zum Beispiel die Pfeffernüsse. Dann geht es langsam hinüber in die Adventskalender und zum Schluss – im Oktober – kommen dann die Hohlfiguren aus Schokolade hinzu. Unser erstes großes Highlight zum Jahresende ist Nikolaus. Zu dem Tag verschwindet ein Großteil der Süßwaren schlagartig.

Wann kaufen Sie selber ein?

Ich kaufe meistens Freitagnachmittag ein. Dann gehe ich tatsächlich mal als Kunde durch unsere Märkte. Durch diesen Perspektivwechsel bekomme ich einen guten Eindruck aus Kundensicht und erhalte ein Stimmungsbild über die Sortimente.

Zur Person: Bernd Oetken ist Geschäftsführer der inkoop Verbrauchermärkte. Das Unternehmen betreibt neun Vollsortimenter in Delmenhorst, Bookholzberg, Ganderkesee, Bassum, Brinkum und Harpstedt sowie in der Delmenhorster Innenstadt den kopje-Markt.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner