Ein großer Hörsaal fehlt zwar noch, aber der Umzug an sich ist beschlossene Sache. Für 232.500 pro Monat mietet die Universität Bremen ab 2024 rund 18.150 Quadratmeter Fläche im Gebäude der NordLB am Domshof. Dort soll die rechtswissenschaftliche Fakultät mit 1.500 Studierenden, 160 Beschäftigten und Jura-Bibliothek einziehen. Das hat der Senat heute beschlossen.
„Die Universität wünscht sich seit langem, stärker in der Stadtgesellschaft verankert zu sein und stärker von der Stadtgesellschaft wahrgenommen zu werden. Mit dem Innenstadt-Campus kommt die Uni diesem Ziel einen ersten, aber einen sehr großen Schritt näher. Gleichzeitig ist es gut, dass mit der Uni auch junges, studentisches Leben in die Innenstadt kommt“, sagt Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD).
Bovenschulte: „Sensationeller Mietpreis“
Die Idee für einen Teilumzug der Uni in die Innenstadt war in den vergangenen Jahren immer mal wieder aufgetaucht. Konkret wurde es nach dem zweiten Innenstadtgipfel im April 2021. Im November 2021 habe man sich dann für die Immobilie am Domshof entschieden und Verhandlungen über einen Mietvertrag aufgenommen, so Wissenschaftssenatorin Claudia Schilling (SPD). „Unter 15 Euro pro Quadratmeter. Ein sensationeller Mietpreis für ein Gebäude dieser Qualität“, meint Bovenschulte.
Das NordLB-Gebäude aus dem Jahr ist nach Angaben des Senats baulich, energetisch und technisch auf dem neuesten Stand. Die Räumen lassen sich vergleichsweise einfach an die Bedarfe der Universität anpassen. So kann beispielsweise die vorhandene Kantine in der sechsten Etage zu einer Mensa umgebaut und die ehemalige Kassenhalle künftig als Veranstaltungsort und Verbindungelement zwischen Universität und Stadtgesellschaft genutzt werden.
Flexibel nutzbare Räume
„Wir freuen uns über den geplanten neuen Standort der Universität Bremen in der Innenstadt. Der Domshof ist ein zentraler Standort für die Wissenschaft, mit direkter Verkehrsanbindung zum bestehenden Campus im Technologiepark. Hier werden wir die Rechtswissenschaften ansiedeln. Gleichzeitig gewinnen wir flexibel nutzbare Räume, die es uns noch besser ermöglichen, mit der Stadtgesellschaft in Verbindung zu bleiben“, sagt Uni-Rektorin Jutta Günther.
Was den Rechtswissenschaftlern zum Glück noch fehlt ist ein großer Hörsaal in der Innenstadt. Das NordLB-Gebäude bietet dafür keinen Platz. Grundsätzlich solle eine solche Einrichtung jedoch in der Innenstadt etabliert werden, sagt Schilling. Kurzfristig könne man mit dem vorhandenen Hörsaal auf dem Uni-Campus weitermachen. Mittelfristig sei eine Nutzung etwa des Musical-Theaters oder der Glocke denkbar. Langfristig halte man Ausschau nach einem weiteren Gebäude in der Innenstadt. Mögliche Standorte nannte sie nicht.
Weitere Uni-Einrichtungen in der Innenstadt denkbar
Darüber hinaus soll geprüft werden, welches weitere innerstädtische Potential für neue Standorte wissenschaftlicher Einrichtungen sowie für studentisches Wohnen und Arbeiten vorhanden ist. Dafür werden die Senatorin für Wissenschaft und Häfen und das Projektbüro Innenstadt Bremen in Abstimmung mit der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau und der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa jeweils über das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren (ZIZ)“ finanzierte Machbarkeitsstudien beauftragen, die diese zusätzlichen Entwicklungsmöglichkeiten in Anknüpfung an die Strategie Centrum Bremen 2030+ aufzeigen. Die Vergaben werden im I./II. Quartal 2023 durchgeführt. Erste Ergebnisse werden voraussichtlich Anfang 2024 erwartet.
Kritik der CDU
Kritik am Beschluss des Senats kommt von der CDU: „So wünschenswert eine Belebung der Innenstadt durch einen Teilumzug der Universität ist, der bekannt gewordene Plan des Senats für den Umzug der Rechtswissenschaften ist ein inhaltlich und finanziell unausgegorenes Manöver. Dem jetzigen Plan fehlt eine Rentabilitätsberechnung und eine seriöse Finanzierung und überdies ein geeigneter Hörsaal für Vorlesungen. Am Ende plant das Rathaus hier auf Kosten des schon knappen und unterfinanzierten Wissenschaftshaushaltes und lässt die Universität auf den Mehrkosten sitzen“, erklärte Spitzenkandidat Frank Imhoff.
Wesentlich moderater formulierte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht: „Die heute getroffene Entscheidung des Bremer Senats, für den Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Bremen einen zweiten Universitätscampus in der Immobilie der NordLB am Domshof zu schaffen, ist grundsätzlich wichtig und richtig. Das wird zur dringend notwendigen Belebung der Bremer Innenstadt beitragen. Der Umzug eines Teils der Universität Bremen und die damit verbundenen Kosten dürfen aber in keinem Fall zu Lasten anderer wissenschaftlicher Einrichtungen gehen. Die Frage der Finanzierung muss vom Bremer Senat schnellstmöglich sauber und verlässlich geklärt werden.“
Lob von der City Initiative
„Wir begrüßen den Schritt des Senats sehr und freuen uns auf die vielen jungen Menschen, die zur weiteren, positiven Innenstadtentwicklung beitragen werden“, erklärt Jens Ristedt, Vorsitzender der City Initiative Bremen. Die Oberzentrumsfunktion der Bremer Innenstadt wird dadurch noch mehr gestärkt: „Perspektivisch vereint die Bremer City somit Handel, Wohnen, Arbeit, Kultur, Tourismus und dann noch verstärkt Wissenschaft und Lehre.“ Mit der Neueröffnung des umgebauten Lloydhofs am Ansgarikirchhof und des Wallkontors in diesem Jahr sowie der Aussicht auf Fertigstellung des Balgequartiers in 2024, befindet sich die Bremer Innenstadt längst im positiven Wandel. „Die Eröffnung eines Uni-Campus in der Innenstadt mit vielen jungen Studierenden birgt großes Potenzial für Neuansiedlungen im Kultur-, Freizeit- und Genussbereich“, blickt Jens Ristedt optimistisch auf die kommende Zeit für die Bremer Innenstadt.