Das Sonderprogramm ist online einsehbar. Autor Pierrot Raschdorff richtet den Blick am 25. Mai auf die Chancen von Vielfalt. Foto: Konczak
Weiterbildung

Die Dimensionen der Vielfalt

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Volkshochschule Delmenhorst macht sich für Diversity stark / neue Sonderreihe

Die Gesellschaft im Jahr 2023 ist geprägt von Diversität. Das ist Chance, aber auch Herausforderung zugleich. Seit 2006 schon macht es sich die Charta der Vielfalt zur Aufgabe, die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Arbeitswelt in Deutschland voranzubringen. Unterstützt wird die Initiative, die vier Unternehmen gründeten, von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan.
Ganz frisch hat Jürgen Beckstette, Geschäftsführer der Volkshochschule (VHS) Delmenhorst, seine Unterschrift unter die Charta gesetzt. Die Bildungseinrichtung legt damit einen Schwerpunkt auf das Thema Diversity, wobei der Auftrag zur Unterzeichnung vom Aufsichtsrat kam. „Vielfalt ist seit jeher ein Anliegen der VHS“, erklärt Beckstette. 1965 gab es die ersten Deutschkurse für Gastarbeiter. Mittlerweile heißen sie Integrationskurse. Viele VHS-Teilnehmer haben einen Migrationshintergrund. Dazu ist die Altersstruktur von Jung bis Alt gemischt, die älteste Teilnehmerin derzeit ist 85.

Das „V“ in vhs steht auch für die Vielfalt

Was nicht so sehr in der Öffentlichkeit steht, ist die Vielfalt innerhalb der Belegschaft. Von den 67 festangestellten Mitarbeitern haben 30 Prozent eine Migrationsgeschichte. Das Personal kommt aus zwölf verschiedenen Ländern: Afghanistan, Bulgarien, Deutschland, Moldawien, Polen, Portugal, Russland, Spanien, Sudan, Syrien, Tschechien sowie Türkei.

Der Anteil der Frauen in der Belegschaft legt bei fast 80 Prozent, rund 71 Prozent der Führungspositionen sind weiblich besetzt. Etwa 72 Prozent des Personals nutzt die Option zum Arbeiten in Teilzeit. Und auch vier schwerbehinderte Menschen sind bei der VHS angestellt. „Wir bieten eine großzügige Gleitzeitregelung und Homeoffice-Möglichkeiten an“, sagt Personalleiterin Regina Schwarz. Damit lasse sich Arbeit und Privatleben gut in Einklang bringen. Darüber hinaus werden alle Mitarbeiter nach dem Haustarifvertrag 100 Prozent fair entsprechend ihrer Funktion bezahlt. Geschlechter oder Herkunft spielen keine Rolle.

Verbesserungspotenzial erkennen und ergreifen

Um sich aber noch mehr zu verbessern, hat die VHS Delmenhorst einen Arbeitskreis Diversity gegründet, in dem jeweils ein Vertreter aus einer Abteilung zugegen ist. Die Gruppe prüft stets, wo weiteres Verbesserungspotenzial steckt. So wird im Sommer etwa die Fahrstuhlanlage erneuert und barrierefrei gestaltet mit größeren Tasten, Audioansagen oder auch Brailleschrift. Darüber hinaus erhalten alle Formulare eine Überarbeitung mit verständlicher Sprache und Formulierungen, die niemanden ausgrenzen sollen. „Wir möchten besser, vielfältiger, offener werden als wir schon sind“, so Schwarz.

Mit den vielen Dimensionen der Vielfalt beschäftigt sich die Reihe „Besser vielfältig“, die in der kommenden Woche startet (siehe Kasten rechts). Zusätzlich zur Unterzeichnung der Charta setzt die VHS damit einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Diversity und will vor allem Raum für Fragen und Gespräche bieten. „Vielfalt lernt man nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern dadurch, dass man aufeinander zugeht“, meint Grit Fisser, Programmbereichsleiterin Politik und Gesellschaft. Um beim Austausch mögliche Hemmungen zu nehmen, besteht die Möglichkeit der „Hutfragen“, wobei Fragen auf Karten in einem Hut gesammelt werden können.

Die VHS Veranstaltungsreihe

Los geht es am Donnerstag, 25. Mai, 19 bis 20.30 Uhr. mit Autor Pierrot Raschdorff und den Chancen von Vielfalt. Er richtet den Blick auf die positiven Aspekte und darauf, welchen Schatz die Vielfalt bietet.

„Von einem Leben als Mann – zu einem Leben als Frau“ berichtet am Donnerstag, 22. Juni, Ilka Christin Weiß. Sie wurde als Holger Torsten in einem Jungenkörper geboren, wusste allerdings schon mit vier Jahren, dass sie ein Mädchen ist. „Sie ist eine sehr offene Frau“, weiß Anette Melerski von der Koordinierungs- und Fachstelle „Demokratie leben!“, eine der Kooperationspartnerinnen der Reihe. Von 18.30 bis 20 Uhr können interessierte Teilnehmer Weiß kennenlernen und sich mit ihr austauschen.

Fragen und Neugierde erwünscht

Weiter geht es am Montag, 25. September, von 10 bis 16 Uhr mit der Veranstaltung „Beruf und Lebensalltag diskriminierungskritisch gestalten“ unter der Leitung von Anisa Abdulaziz. Viele Menschen stehen vor der Herausforderung, mit der heute immer diverser werdenden Gesellschaft umgehen zu müssen und sich in ihrer Arbeit immer wieder neu auf verschiedenste Zielgruppen einzustellen. Hierbei spielen vor allem folgende Fragen eine wichtige Rolle: Wie können im Beruf und Lebensalltag verschiedene Diskriminierungsformen in den Blick genommen werden? Was bedeutet Diskriminierungskritik in der Praxis? „Es geht dahin, wo es wehtut: in die Selbstreflektion“, sagt Grit Fisser.

„Let‘s talk about Sex, Habibi“ heißt es am Donnerstag, 12. Oktober, 19 bis 20.30 Uhr, wenn der deutsch-marokkanische Journalist und Autor Mohamet Amjahid zu Gast ist. Die Sexualität „orientalischer“ Männer, Frauen und Queers werde immer wieder fetischisiert. In seinem Buch möchte Amjahid einen ungetrübten Blick in die Schlafzimmer Nordafrikas werfen und mit Klischees und rassistischen Stereotypen aufräumen. „Es wird sicher sehr launig und es gibt Überraschungen. Man dürfte sich bei so manchen Vorurteilen ertappt fühlen“, so Melerski.

Zum Abschluss der Reihe kommt die Lebenshilfe am Donnerstag, 30. November, von 19 bis 20.30 Uhr in die VHS und zeigt: „Es ist normal verschieden zu sein“. In einem dialogischen Vortrag erzählen Menschen, die von der Lebenshilfe Delmenhorst und Landkreis Oldenburg begleitet werden, ihre Geschichte. Dabei bleibt viel Raum für Gespräche und Fragen.

Alle Veranstaltungen, weitere Infos und Möglichkeiten zur Anmeldung gibt es auf vhs-delmenhorst.de. (bbr)

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