Die Awo bietet eine Suchttherapie für Hilfe und Unterstützung ohne lange Wartezeit an. Zu dem Team gehören auch Sonja Küsel und Hanna Kösters (v. li.) Foto: Konrad
Therapie

Ist das Genuss oder Sucht?

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Riskanter Konsum und wo Menschen frühzeitig und schnell einen Therapieplatz finden

Ein Glas Wein am Abend, ein Bier zum Fußballspiel oder ein Sektchen zur Feier des Tages: Sucht ist ein schleichender Prozess. Das wissen auch Hanna Kösters und Sonja Küsel. Beide sind bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Trialog Weser-Ems in der ambulanten Reha tätig.

„Besonders während Krisensituationen ist ein Anstieg bei Suchterkrankungen zu erkennen“, leitet die Diplom Sozialpädagogin Küsel ein. In der Suchttherapie geht es dann um Themen wie sich selbst besser kennenzulernen, die Beziehung zu der Droge zu reflektieren und Methoden zu entwickeln.

Schnelle Hilfe

„Viele Menschen warten sehr lange auf einen Therapieplatz. Bei uns geht das relativ schnell und dauert zwischen vier bis sechs Wochen“, klärt Kösters auf. Die Behandlungsdauer ist zunächst auf ein halbes Jahr festgesetzt, kann aber auf bis zu eineinhalb Jahre verlängert werden. „Auch im Anschluss stehen wir als Ansprechpartner zur Verfügung und können bei Bedarf weitervermitteln“, so Kösters. Der Antrag auf die Suchttherapie kann vor Ort gestellt werden und die Beratung kann ohne lange Wartezeit beginnen. Eine bereits bestehende Abhängigkeit sei keine Voraussetzung für die Aufnahme bei der Awo. „Eine Bedingung ist die Abstinenz der Droge. Falls das nicht möglich ist, besteht die Alternative, in der stationären Reha anzufangen und erst zu einem späteren Zeitpunkt in die ambulanten zu wechseln“, erklärt die Psychologin Kösters. Diese Stabilisierung sei essenziell für die Behandlung vor Ort.

Suchttherapie eingebunden in den Alltag

„Das ist gleichzeitig eine Besonderheit: In der Gruppe können sich die Teilnehmer bezüglich ihres Alltags besprechen und gemeinsam voneinander lernen“, hebt Küsel hervor. Das bedeutet, dass die Teilnehmer im Alltag ihr Verhalten im Umgang mit der Sucht trainieren und immer unabhängige Ansprechpartner haben.

„Eine Suchtabhängigkeit geht oftmals mit Gefühlen von Schuld und Scham einher“, versteht Kösters. In der Gruppe sei es leichter zu sehen, dass man damit nicht allein ist und es Hilfe gibt. Bis zu acht Personen inklusive Fachpersonal treffen sich regelmäßig in ihrer festen Gruppe. „Die Konstellationen sind vollkommen unterschiedlich und durchgemischt. Es gibt keine Abgrenzung zwischen den Geschlechtern und den Suchterkrankungen“, erzählt Küsel. Ob Kokain, Cannabis, Heroin, Alkohol oder Glücksspiel, die Suchterkrankten kommen zusammen und stehen im Austausch miteinander.

Gute Erfolgschancen bei der Genesung

„Das Stigma muss abgebaut werden“, appellieren Köster und Küsel. Laut der Sozialpädagogin kommen nur zwei Prozent all jener zur Therapie, die an der Alkoholsucht erkrankt sind. „Dabei lässt sich die Krankheit gut behandeln und hat eine gute Erfolgschance“, weiß Küsel.

An einer Sucht könne zudem jeder erkranken und es schließt nicht nur eine Altersgruppe oder eine bestimmte Berufsgruppe ein. „Bei uns sind auch Mütter, Alleinerziehende, Studierende, aber auch Berufstätige“, zählt Küsel auf. Das Bild von einem Obdachlosen unter der Brücke sei schon lange nicht mehr die reale Repräsentation von Suchtkranken.

„Es ist wichtig, dass früh genug nach Hilfe gesucht wird, wenn man merkt, dass es zu viel geworden ist. Bei der Krankheit kann man sich Unterstützung holen und selbst zum Experten werden“, appelliert Küsel.

Wer sich unsicher ist, ob der eigene Konsum eine Grenze überschreitet, kann sich anonym an die Awo wenden. Dies geht sowohl telefonisch unter 04221/1 40 55 als auch per Mail an info@drob-delmenhorst.de oder über die Homepage drob-delmenhorst.de.

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