Sie verweigerten den Hitlergruß und den Kriegsdienst – und bezahlten dafür nicht selten mit ihrem Leben. Die Zeugen Jehovas gehörten zu den allerersten Opfern der Nazi-Herrschaft. Doch lange Zeit war das relativ unbekannt. Ein überfraktioneller Antrag der Ampel-Parteien und der Union brachte das Schicksal der Bibelforscher jüngst in die Medien: Sie sollen ein Mahnmal am Goldfischteich im Berliner Tiergarten bekommen.
Kriegsdienst verweigert
Für Mike Albien von der Stolperstein Initiative im Landkreis Osterholz ein Schritt in die richtige Richtung. „Die vergessenen Opfer treten in den Vordergrund“, sagt Albien, selbst Zeuge Jehovas. „Wir halten uns an grundsätzliche Werten fest, darunter ist auch der Verzicht auf Gewalt.“ Das wiederum war für die Nationalsozialisten ein Grund mit aller Macht gegen die Religionsgemeinschaft vorzugehen. Denn wer den Empfang des Wehrpasses beziehungsweise den Kriegsdienst verweigert, musste mit dem Tod rechnen.
Als „Geisteskrank“ erklärt
Unter diesen Wehrdienstverweigerern war wohl auch Adolf Bremer, 1906 in Osterholz-Scharmbeck geboren und 1941 – so belegen es die Akten – in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet. Als Grund für die Einlieferung ist die Diagnose der „Gemeingefährlichkeit“ vermerkt. „Die Widerstandshaltung gegen die NS-Herrschaft wurde zu einer Geisteskrankheit erklärt, die zur Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt führte“, schreibt Manfred Bannow, Vorsitzender der Initiative, in seinem Spurensuche-Blog. Dass Adolf Bremer zu den Ernsten Bibelforschern gehörte, ist zwar nicht restlos belegt, ein Umstand in seiner Biografie legt es allerdings nahe: 1928 meldete er sich aus Osterholz-Scharmbeck ab und zog für drei Monate nach Magdeburg. Zuvor als Tischler tätig, gab er nun bei seiner Rückkehr den Berufsstand „Missionsgehilfe“ an.
Ermordung 1941
Magdeburg und andere Städte im Osten waren in den 1920er Jahren echte Hotspots für Zeugen Jehovas. 1926 steigt die Dresdner Bibelforschergemeinde zur stärksten Ortsgruppe weltweit auf. 1.430 Mitglieder gibt es zu diesem Zeitpunkt und der Zustrom hört nicht auf.
Adolf Bremer wird für sein religiöses Engagement auf schärfste abgestraft. Bereits 1935 wird er zwangssterilisiert. Dazu fand laut Bannow ein Verfahren vor dem Erbgesundheitsgericht in Verden statt. Zwei Jahre später wird Adolf Bremer in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eingewiesen und muss dort bis zu seinem Tod 1941 in Pirna-Sonnenstein ein Martyrium durchlebt haben.
Stolperstein bereits verlegt
Die Initiative hat Adolf Bremer bereits ein Denkmal vor seinem ehemaligen Wohnhaus in der Sandbergstraße 286 gesetzt. Dort erinnert ein Stolperstein an das Schicksal des Bibelforschers. Ob noch mehr Zeugen Jehovas im Landkreis verfolgt wurden, ist momentan noch nicht belegt. Doch die Recherchearbeiten der Gruppe dauern an. Wer Interesse daran hat, der Gruppe bei ihren Anstrengungen zu helfen, kann sich unter stolpersteine-OHZ.albien@gmx.de an Mike Albien wenden.