Martin Grocholl ist Geschäftsführer von Energiekonsens, der Klimaschutzagentur des Landes Bremen.Foto: Schlie
Interview

„Jetzt damit auseinandersetzen“

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Der Energiekonsens-Geschäftsführer Martin Grocholl über die Folgen des geänderten Gebäude-Energie-Gesetzes.

Weser Report: Die viel diskutierte Änderung des Gebäude-Energie-Gesetzes (GEG) ist vom Bundestag beschlossen. Was bedeutet das für Wohneigentümer?

Martin Grocholl: Die Gesetzesnovelle bezieht sich auf den Heizungsbereich. Da gibt es eine grundsätzliche Regelung und die sagt, ab dem 1. Januar 2024 müssen 65 Prozent erneuerbare Energien im Heizsystem sein. Dies gilt für Neubauten und Altbauten. Für Altbauten gibt es aber eine ganze Reihe Ausnahmen. Als Wärmeversorgung möglich ist dann Fernwärme, das kann aber auch eine Wärmepumpe sein, Biomasse ginge auch noch, spielt bei uns in Bremen aber keine große Rolle. Eine wichtige Rolle können auch Nahwärmesysteme spielen, die dann zum Beispiel über große Wärmepumpen versorgt werden.

Welche Ausnahmen gibt es für Bestandsbauten?

Ganz wichtig: Wer eine funktionierende Heizung hat, braucht sich erstmal nicht um Änderungen zu kümmern. Die Änderungen greifen erst, wenn eine neue Heizung eingebaut werden muss. Auch wenn die Heizung kaputt geht, kann sie repariert werden. Wenn jedoch eine neue Heizung eingebaut wird, dann gilt die Vorgabe mit den 65 Prozent.

Immer und für jeden?

Grundsätzlich ja. Aber auch da gibt es wieder Ausnahmen. Kommunen über 100.000 Einwohner müssen bis Mitte 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Darin wird geregelt, in welchem Gebiet der Stadt künftig mit welchem System geheizt werden soll. Ganz grob, ob mit Fernwärme, Nahwärme oder Einzelheizung geheizt werden soll. Sobald eine Kommune die Wärmeplanung hat, greifen die 65 Prozent. In Bremen wäre das nach dem Stand der Planungen voraussichtlich Ende 2025 der Fall. Das heißt dann faktisch als Heizsysteme kommen noch Fernwärme, Nahwärme oder Wärmepumpe oder gegebenenfalls Biomasse in Frage.

Was machen Hausbesitzer, die keine Chance auf eine Fernwärmeanbindung haben und die aus baulichen Gründen keine Wärmepumpe installieren können?

Diesen Fall wird es nur in absoluten Ausnahmefällen geben. Wir kennen kaum noch Fälle, wo die Wärmepumpe technisch nicht funktionieren oder nicht installiert werden kann. Die Frage ist natürlich, ob sie die beste Lösung ist. Deshalb wollen wir das Thema Nahwärmesysteme in den Vordergrund bringen. Das ist eine Möglichkeit, damit sich nicht jeder Reihenhausbesitzer eine eigene Wärmepumpe einbauen muss. Da gibt es noch viele Herausforderungen. Die ersten Pilotprojekte laufen. Man wird aber nicht um die 65 Prozent herumkommen und das wird meiner Ansicht nach nur mit der Wärmepumpe oder einem netzgebundenem Anschluss gehen. Da kommt man nicht raus.

Wie lange kann ich eine Öl- oder Gasheizung betreiben, wenn ich jetzt noch schnell eine neue einbauen lasse?

Bis maximal 2045. Dann sind fossile Heizsysteme verboten. Da muss man sich überlegen, bis zu welchem Zeitpunkt sich das noch rechnet.

Was gilt zwischen Januar 2024 und dem Beschluss der Wärmeplanung Ende 2025?

Auch dann kann man noch immer eine Öl- oder Gasheizung einbauen. Dann gilt aber ein Stufenmodell. Das heißt alle, die solch eine fossile Heizung eingebaut haben, müssen stufenweise immer mehr erneuerbare Energie in ihrem Heizsystem haben. In der ersten Stufe bis 2029 sind das 15 Prozent. Das kann man über eine Solarthermieanlage noch relativ einfach hinkriegen. Bis 2035 müssen es schon 30 Prozent erneuerbare Energien sein. Das ist schon eine ziemliche Herausforderung. Und der nächste Sprung ist dann 2040 mit 60 Prozent. Das ist dann realistisch kaum noch zu machen.

Wer kontrolliert das?

Das sollen die Schornsteinfeger machen.

Was empfehlen Sie? Gas- oder Ölheizung erneuern oder auf erneuerbare Energien umrüsten?

Wenn die Heizung kaputt geht, lautet unsere Empfehlung, sich damit auseinanderzusetzen, welches System mit 100 Prozent erneuerbaren Energien man einbauen kann. Wenn die Stufenregelung greift, dann habe ich irgendwann das Problem, die Heizung zu ersetzen, obwohl die Lebenszeit noch nicht erreicht ist. Damit ist das unwirtschaftlich. Weil der Gesetzgeber das Problem erkannt hat, gibt es ab dem 1.1.24 bis zur Verabschiedung der kommunalen Wärmeplanung den Zwang, sich beraten zu lassen, bevor man eine fossile Heizung einbauen lassen darf. Aber nochmal: Wer jetzt eine funktionierende Heizung hat, muss keine Panik schieben. Das Heizsystem darf ganz normal weiter betrieben werden. Wichtig ist aus unserer Sicht aber, sich jetzt schon mal damit auseinander zu setzen, dass das nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag der Fall wird. Deshalb sollte man sich jetzt schon sein Heizsystem anschauen und überlegen, was ist für mich in der Perspektive mal die Lösung und was muss ich an meinem Gebäude optimieren, damit das dann auch effizient funktioniert. Dazu kann man sich bei uns im Klima Bau Zentrum oder bei der Verbraucherzentrale prima beraten lassen.

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