Günter Fleischer (links) und Gerold Ahlers vor dem imposanten Eichenschrank aus dem 17. Jahrhundert. Foto: Konczak
Geschichte

Einblicke in alte Zeiten

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Heimatstube zeigt beeindruckende Sammlung aus der Vergangenheit des Ortes

Groß und mächtig thront der dunkle Eichenschrank an der Wand in der Stube. Seine Geschichte reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück. Was darin einmal aufbewahrt wurde? Es lässt sich nur erahnen.

So ziemlich in jeder Ecke der Heimatstube, in den Räumlichkeiten der alten Schule in Bürstel, findet man etwas, das die Fantasie anregt und einen Blick in die Vergangenheit von Ganderkesee gewährt. Es ist eine eindrucksvolle Sammlung an Exponaten, die der Orts- und Heimatverein Ganderkesee hier verwahrt. Jener Eichenschrank ist dabei der älteste Schatz. „Pastor Friedrich Bultmann hat schon früh Dinge des täglichen Gebrauchs gesammelt. Mit ihm fing alles an“, weiß Gerold Ahlers, Vorsitzender des Orts- und Heimatvereins. 1960 stellte Bultmann die Sammlung erstmals anlässlich der 1.100-Jahr-Feier des Ortes Ganderkesee in der Turnhalle am Habbrügger Weg aus. Während die Exponate an verschiedenen Stellen gelagert wurden, nahm die Anzahl stets zu. Ebenso wie der Wunsch, sie dauerhaft an einem Ort zu bewahren.

Mithilfe der Gemeinde fand die Sammlung schließlich 1986 in der alten Schule in Bürstel, die seit 1971 geschlossen war, eine Herberge. „Für beide Seiten war das ein Erfolg. Die Exponate konnten an einem Ort untergebracht werden, und die Gemeinde hatte eine sinnvolle Tätigkeit für das Schulgebäude gefunden“, sagt Ahlers.

Musikgenuss früher: Gerold Ahlers am Grammophon. Fotos: Konczak

Schätze wie aus einem Museum

1995 konnte die hergerichtete Heimatstube die ersten Besucher empfangen. Aufgeteilt ist sie wie ein kleines Museum in verschiedene Bereiche. Da ist etwa die „gute Stube“ mit dem Eichenschrank, aber auch Radios, Uhren, einem Tisch und Stühlen und Bildern. Und jede Menge Nähmaschinen. Ein Klassenraum ist so eingerichtet wie in den 1950ern, mit Kreidetafeln zum Hoch- und Runterschieben. Es gibt eine Küche, ein Nähzimmer, eine Waschküche und eine Schuhmacherwerkstatt, in der man unter anderem die Schuhleisten des bekannten Wilddiebs Hasen-Ahlers und die Maschinen der Schuhmacherwerkstatt Magnus Denker bewundern kann. Ein weiterer großer Ausstellungsraum zeigt allerlei alte Schätze von Schreibmaschinen über ein Grammophon bis zu alten Flaschenzügen. Im Flur hängen Bilder alter Gaststätten rund um den Ring, in Vitrinen thronen Zeugnisse vergangener Zeiten.

„Die Heimatstube ist eine Sammlung, kein Museum“, stellt Ahlers klar. Daher ist auch nicht bekannt, wie viele Dinge genau hier verwahrt werden. Gezählt wurden sie nie. Der Großteil stammt aus dem vergangenen Jahrhundert, von 1900 bis 1950. „Ziel ist es, die Lebenswelt der Generation vor uns zu erhalten“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Vieles kommt aus Haushaltsauflösungen.

Die Schuhleisten von Hasen-Ahlers.

Geschichtsträchtige Gegenstände

Obwohl in erster Linie die Älteren hier in Erinnerungen schwelgen, so ist die jüngere Generation ebenfalls immer wieder zu Gast. „Wir begrüßen auch Schulklassen, die Kinder sind immer sehr begeistert von den alten Dingen. Zum Beispiel von den Telefonen mit Wählscheibe. Da muss man erstmal erklären, wie sie funktionieren“, erzählt Günter Fleischer vom Orts- und Heimatverein – und präsentiert auch schon die nächsten historischen Glanzstücke. Im Fundus der Schreibmaschinen prangt die „Mercedes Elektra“, eine elektrische Büroschreibmaschine von 1920. Aus einem Tresenfach zaubert Fleischer eine besondere Kopfbedeckung hervor: die Gendarm-Mütze des früheren Ganderkeseer Dorfpolizisten Hermann Baars.

Schreibmaschinen, linkt ein elektrisches Gerät von 1920.

Quasi in jedem Winkel lässt sich etwas entdecken, das auf eine Zeitreise entführt. Das alte Dorfschul-Gebäude selbst weckt bei einigen Besuchern ebenfalls lebhafte Erinnerungen, etwa an die eigene Schulzeit. „Manche Gäste freuen sich, dass sie nun endlich auch mal ins Obergeschoss gehen dürfen. Das durften sie als Kinder nicht“, berichtet Ahlers mit einem Schmunzeln. Dort oben befand sich nämlich früher die Junglehrer-Wohnung. Heute ist Betreten und Erkunden ausdrücklich erlaubt – einschließlich Eintauchen in allerlei Schätze der Vergangenheit. Wer sich für einen Besuch der Heimatstube, Am Heidenwall 9, in Bürstel interessiert, kann Günter Fleischer unter der Telefonnummer 04222 / 3588 kontaktieren. Einmal im Jahr findet zudem ein Tag der offenen Tür statt.

Weitere Informationen zu den Projekten und Aktivitäten des Orts- und Heimatvereins Ganderkesee gibt es auf auf der Webseite gannerseer.de.

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